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Schwerpunkt: Frauen können nie sicher sein

erschienen in Lotta, Ausgabe 7,

Es gibt noch viel zu tun

Wir haben in Deutschland erreicht, dass ein sexuell aufgeklärtes Klima herrscht und gute Informationen zu Sexualität und Verhütung zur Verfügung stehen. Frauen können legal und mit hochwertiger medizinischer Behandlung einen Schwangerschaftsabbruch durchführen lassen. Wenn wir zurückdenken, wie die Bedingungen in der Anfangszeit unserer Arbeit in den 1950er Jahren waren, ist dies ein enormer Fortschritt.

Aber es bleibt genug zu tun. So will pro familia erreichen, dass auch Frauen mit geringem Einkommen das für sie am besten geeignete Verhütungsmittel zur Verfügung steht. Nach einer Verhütungspanne sollten auch Frauen in Deutschland schnell auf eine rezeptfreie Pille danach zugreifen können. Und: Wenn wir langfristig Homophobie in der Gesellschaft bekämpfen wollen, muss das Thema sexuelle Vielfalt in der Sexualpädagogik einen angemessenen Platz finden. Es gibt qualitativ hochwertige sexualpädagogische Angebote, die die sexuellen und reproduktiven Rechte in den Mittelpunkt stellen. Leider mangelt es aber oft an finanziellen und zeitlichen Ressourcen.

Regine Wlassitschau
pro familia Bundesverband

 

Lust und Frust

Sexualität und Fortpflanzung sind wichtige Bereiche des menschlichen Lebens. Lust und Frust können da ganz nah bei einander liegen - wenn "Sie" nicht will, "Er" nicht kann oder "Es" sich nicht oder zum falschen Zeitpunkt anmeldet. DIE LINKE setzt sich für das Recht auf selbstbestimmte Sexualität und Fortpflanzung ein, das bedeutet auch, dass der Zugang zu Verhütungsmitteln so einfach wie möglich sein soll. DIE LINKE hat deshalb auch einen Antrag zur Verschreibungsfreiheit für die "Pille danach" mit dem Wirkstoff Levonorgestrel in den Bundestag eingebracht. Minister Gröhe wehrt sich noch, die Empfehlung des zuständigen Sachverständigenausschusses" umzusetzen. Auch die Akzeptanz der sexuellen Orientierung ist ein wichtiger Faktor der seelischen Gesundheit. Deswegen setzen wir uns auch gesundheitspolitisch mit selbst ernannten "Homo-Heilern" auseinander. Was keine Krankheit ist, darf auch nicht "therapiert" werden.

Kathrin Vogler, seit 20019 Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE, Fachgebiet Soziales, Gesundheit und Rente

 

Liebe, Sexualität, Partnerschaft

Sexuelle Selbstbestimmung ist ein Menschenrecht! Unter diesem Motto tritt das Berliner Familienplanungszentrum BALANCE seit mehr als 20 Jahren für die sexuellen und reproduktiven Rechte ganz unterschiedlicher Zielgruppen ein. Ob Kinder und Jugendliche zur alters- und geschlechtsdifferenzierten Sexualaufklärung zu BALANCE kommen  - es sind etwa 300 Regel- und Förderschulen jährlich - , ob junge Frauen zu Verhütung und Jungfräulichkeit beraten und behandelt werden, ob illegalisierte Frauen eine Schwangerenvorsorge benötigen oder vieles andere mehr, wichtig dabei ist, dass Menschen eine selbstbestimmte Haltung zur eigenen Sexualität und Partnerschaft entwickeln und frei entscheiden können. Bewusstseinsbildung im frühen Kindesalter, Sensibilisierung zu Benachteiligungen sowie Vermittlung von Kenntnissen über Rechte, Ansprüche und Angebote sind zielführend und sollten Aufgabe einer modernen Gesellschaft sein. Und dennoch erlebt das Zentrum stetige Angriffe von radikalen Abtreibungsgegnern. Das geht von Verleumdungen auf Internetseiten bis hin zu Strafanzeigen und Einflussnamen auf Frauen im öffentlichen Raum. Fazit: Jede und jeder hat ein Recht auf Sexualität,  unabhängig von Alter, Herkunft, religiöser Ausrichtung, Status, Beeinträchtigung, Geschlechtsidentität und sexueller Orientierung.

Sybill Schulz
Familienplanungszentrum BALANCE

Mehr Informationen unter: www.fpz-berlin.de

 

Andere Alltagsnormen

Lange Zeit ist alle Welt davon ausgegangen, dass das Subjekt der Menschenrechte heterosexuell ist. Vor Gericht, in der Politik, in vielen Gesetzen und im Großteil der Kultur ist es immer noch so. Die Forderung, dass Rechte unabhängig von sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität für jede Person gleichermaßen gelten müssen, macht es notwendig nicht-heterosexuell zu denken.

Nehmen wir das „Recht auf Gründung einer Familie“. Lesben und Schwule können heiraten, aber die Ehe ist verschlossen. Lesben und Schwule können die Kinder des Partners beziehungsweise der Partnerin adoptieren, aber das gemeinsame Adoptionsrecht wird verweigert. Lesbische Frauen haben große Schwierigkeiten, Insemination, das Einbringen der Spermien in den weiblichen Genitaltrakt, zu nutzen. Hilfe durch die Gynäkologen? Die Bundesärztekammer ist explizit dagegen, die Landesärztekammern kneifen und die Krankenkassen zahlen nicht.

Entscheidend für das Kindeswohl ist, dass die Kinder geliebt werden und nicht die sexuelle Orientierung. Das belegen wissenschaftliche Studien, selbst die Bundesfamilienministerin. Kirchen, Konservative und Kleingeister jedoch wettern gegen gleichgeschlechtliche Familienformen.

Für Lesben und Schwule bedeutet das Grundrecht auf sexuelle Selbstbestimmung vor allem, rechtlich nicht auf die sexuelle Orientierung reduziert und damit gesellschaftlich ausgeschlossen zu werden.

Renate Rampf, LSVD-Bundesverband