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Russland, Deutschland und die Zukunft

erschienen in Klar, Ausgabe 44,

Auch schon vor dem Giftgasanschlag in Salisbury hat die antirussische Stimmungsmache in den vergangenen Wochen und Monaten zugenommen, vonseiten der Transatlantiker in Regierung und Bundestag, aber auch flankiert von den Medien. DIE LINKE im Bundestag hat daher schon Anfang Februar den 75. Jahrestag des Endes der Schlacht um das damalige Stalingrad und heutige Wolgograd genutzt, um einen Akzent zu setzen: Als einzige Bundestagsfraktion nahmen wir mit einer mehrköpfigen Delegation an dem feierlichen Gedenken teil.

Aus gutem Grund: Der rassenideologische Angriffs- und Vernichtungskrieg Nazideutschlands gegen die Bevölkerung der Sowjetunion mit mehr als 26 Millionen Toten ist bis heute eines der großen Menschheitsverbrechen. Symbolisch steht dafür die Schlacht um Stalingrad. Völlig inakzeptabel war es daher, dass die Bundesregierung den verbrecherischen Charakter dieses Kriegs leugnete und lediglich von »militärischen Handlungen« sprach, deren Einordnung »nur einzelfallbezogen als verbrecherisch vorzunehmen« sei. DIE LINKE tritt dieser Geschichtsklitterung entgegen.

Einen Monat nach der Reise nach Wolgograd konnten wir den Bürgermeister der Stadt, Andrej Kossolapov, in Berlin zu einer Konferenz über die deutsch-russischen Beziehungen begrüßen. Auch im Russischen Haus der Wissenschaft und Kultur ging es um die Vergangenheit, aber eben auch um die Perspektiven der Beziehungen zweier Staaten. Nach zwei großen Kriegen, die von Deutschland ausgingen, war für die Menschen klar: Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!

Bei der Konferenz in Berlin wurde deutlich: Der beste Weg, um eine von der NATO forcierte erneute Zuspitzung des Konflikts mit Russland zu verhindern, liegt im Kulturaustausch, in Städtepartnerschaften und guten wirtschaftlichen Beziehungen. Dafür aber müssen die Sanktionen gegen Russland und die Aufrüstungsspirale durchbrochen werden. Bürgermeister Kossolapov zeigte sich übrigens als Vertreter der historischen Opfer deutscher Außenpolitik betont zurückhaltend. »Ich habe niemals meine Großeltern kennengelernt, die der Krieg mir entrissen hat«, sagte er. Viele fragten ihn zu seinem Verhältnis zu den Deutschen heute. Seine Antwort: »Wir haben keinen Hass auf die Deutschen, sondern auf Nazismus und Faschismus.«

 

Heike Hänsel ist Sprecherin für Internationale Beziehungen der Fraktion DIE LINKE