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Protest gegen die mächtigste Bank Europas

erschienen in Klar, Ausgabe 35,

Diese Eröffnungsfeier hatte es in sich: Inmitten der größten Finanzkrise Europas feiert die Europäische Zentralbank (EZB) die Einweihung ihrer neuen Zentrale in Frankfurt am Main. Es ist ein wahrer Palast, höher als der Kölner Dom und märchenhafte 1,3 Milliarden Euro teuer.  Zur Feier erwünscht sind an diesem 18. März nur handverlesene Damen und Herren aus Finanz und Politik. Gerade mal 80 Namen stehen auf der Gästeliste. Unerwünscht sind jene, über deren Schicksal die EZB täglich entscheidet: die Bürgerinnen und Bürger Europas. Tausende Polizisten schützen die exklusive Feier, die Straßenzüge um den Bankenturm sind weiträumig abgeriegelt. Dennoch: Mehrere Zehntausend Menschen haben sich auf den Weg gemacht, um gegen die EZB zu demonstrieren. Einer von ihnen ist der 20-jährige Student Eric Sindermann aus Marburg. »Ich bin hier, um gegen die Sparpolitik der EZB zu demonstrieren«, sagt er. So wie er wissen die angereisten Protestler: Noch nie in ihrer Geschichte hatte die EZB mehr Macht – und diese setzt sie rücksichtslos zum Nutzen der Reichen und Banken ein.   Seit Jahren mischt sich die EZB immer dreister in die Regierungspolitik einzelner Länder ein, obwohl sie dafür nach europäischem Recht kein Mandat hat. Sie zwang die Regierung Irlands, private Gläubiger auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger zu retten. Ähnlich agierte sie in Zypern. In Spanien und Italien bestand sie auf drastischen Sozialkürzungen. Zudem sorgt die EZB für eine gewaltige Umverteilung von unten nach oben. Seit Jahren händigt sie europäischen Privatbanken Hunderte Milliarden Euro quasi zum Nulltarif aus. Diese zocken damit an den Börsen und bescheren den Reichen astronomische Gewinne. Die Kosten dafür zahlen die Bürgerinnen und Bürger: Wegen dieser Geldschwemme sind die Guthabenzinsen eingebrochen, Sparguthaben verlieren dramatisch an Wert.    Besonders krass agiert die EZB im Fall Griechenlands. Als Teil der Troika schloss sie vor einigen Jahren mit einer korrupten griechischen Regierung einen Kreditvertrag ab. Dieser stürzte Millionen Menschen in den Ruin, weil die Troika drakonische Kürzungsmaßnahmen erzwang. Als die griechische Bevölkerung Anfang des Jahres ihre Regierung abwählen wollte, ließ die EZB die Muskeln spielen: Schon vor der Wahl machte sie Druck mit verschlechterten Kreditkonditionen für Griechenland. Das Gleiche nach dem Wahlsieg der linken Partei Syriza. Das offensichtliche Ziel: jede Alternative zur aktuellen europäischen Kürzungs- und Privatisierungspolitik verhindern.   Auch deswegen sind so viele Protestler an diesem Tag in Frankfurt: Sie wollen Solidarität mit Griechenland zeigen und fordern ein Ende dieser EZB-Erpressungspolitik. In den frühen Abendstunden formieren sie einen eindrucksvollen Protestmarsch: Mehr als 20.000 Menschen ziehen friedlich durch die Bankenstadt. Erschöpft, aber glücklich wirkt auch Eric Sindermann nach der Demonstration. »Das war ein positives Signal: Viele Menschen solidarisieren sich mit Griechenland. Hoffentlich kommt der Protest auch bei Herrn Schäuble an«, sagt er. »Wenn nicht, dann komm ich wieder!«