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Powerfrau in der Politik

erschienen in Querblick, Ausgabe 3,


Innenansichten des politischen Alltags einer Geschäftsführerin

Was ist eine Powerfrau? Selbst im Internet findet sich keine Definition, aber dafür der eine oder andere Name einer »Kraftfrau«. Meiner war nicht dabei. Und Powermänner finden sich gleich gar nicht. Vermutlich ist Power beim Mann normal, bei der Frau die Ausnahme. Wahrscheinlich sind Frauen deshalb in gehobenen und Führungspositionen eben so selten.

Diesem Erklärungsmuster würde sich kaum ein Mann in meiner Fraktion und in meiner Partei laut anzuschließen wagen. Dennoch ist das öffentliche Gesicht der Linkspartei und ihrer Bundestagsfraktion überwiegend männlich. Und Frauen in gehobenen und Führungspositionen wären in der deutlichen Minderheit, gäbe es nicht die Quote. Für 45 Prozent weibliche Parteimitglieder und 25 von 53 Bundestagsabgeordneten ist sie nur scheinbar eine Formalie. Gleichberechtigung ist eben nicht so einfach.

Wir leben in einer in jeder Hinsicht männerdominierten Welt. Die neue Partei sollte aber dagegenhalten und nicht nur, weil bei der letzten Bundestagswahl die Linkspartei gerade bei jungen Frauen nicht den gleichen Zuwachs wie in anderen Gruppen hatte. DIE LINKE muss die einstigen Markenzeichen der PDS – die Gleichstellung der Geschlechter und Frauen in der Politik – wieder beleben und Zeichen setzen – z. B. für frauen- und familienfreundliche Arbeitsbedingungen und Kinderbetreuung bei allen Parteiveranstaltungen. Nur so lohnt ein Versuch, linke Politik für Frauen wieder interessant zu machen, Frauen für linke Politik zu interessieren und Bedingungen zu schaffen, dass Frau Politik machen KANN.

Ich bezweifle übrigens, dass es in der Linkspartei keine »Gregorina« und »Oskarina« gibt und – sollte dies aber doch so sein – frage ich, ob es in der Partei in den vergangenen 15 Jahren vielleicht nicht gewollt war, wenigstens eine »Powerfrau« mit vergleichbaren Qualitäten aufzubauen. Frauenplenum und informelle Frauengruppen sind ganz einfach notwendige Versuche, an den Überbleibseln (oder dem Neuwuchs) patriarchalischer Zöpfe zu ziehen. Wenn es beispielsweise um die Redeliste geht, denken einige Fraktionsmänner, sie könnten (und müssten) zu allem reden. Aber Frauen beherrschen auch »harte« Themen wie Steuern, Verteilung, Staat und Wirtschaft.

Kompetenz und Wille müssten allerdings einfach zur Kenntnis genommen werden. Immerhin sind 7 von 13 Vorstandsmitgliedern weiblich, und fünf der sechs Arbeitskreise werden von Frauen geleitet. Dennoch nahmen an mehr als 30 Pressekonferenzen, -statements und -gesprächen von Juli 2006 bis Februar 2007 mehr als doppelt so ?viel Männer teil, und in 61 seit Juni 2006 produzierten Podcasts gibt es nur ein Drittel weibliche Abgeordnete. Ich bin mir sicher, dass Frau und Mann unterschiedliche Sichten in ein- und dieselbe Sache einbringen – und beide Seiten sind wichtig und brauchen einander. Das sollte bei der LINKEN erst recht so sein.

Dagmar Enkelmann,  MdB, Parlamentarische Geschäftsführerin