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Pflege in Not

erschienen in Lotta, Ausgabe 4,

Arbeit in der Pflege ist Frauenarbeit: Mehr als 80 Prozent der Beschäftigten sind weiblich.

Ihre Arbeit ist schlecht bezahlt, körperlich anstrengend und kann krank machen.

Harte Arbeit, schlechte Bezahlung – so lässt sich der Berufsalltag in der Altenpflege zusammenfassen. Mehr als 80 Prozent der Beschäftigten sind Frauen, in der häuslichen Versorgung fast 90 Pro- zent. Berufe, in denen überwiegend Frauen tätig sind, weisen meist ein geringes Lohnniveau und schlechte Arbeitsbedingungen auf.

Ramona K. (31) aus Rheinland-Pfalz hat ihren Beruf erlernt, um hilfsbedürftigen Menschen zur Seite zu stehen. "Aber die guten Ansätze der Ausbildung lassen sich in der Praxis nicht umsetzen", sagt die ehemalige Angestellte einer privaten stationären Pflegeeinrichtung. "Ich wollte die Selbst- ständigkeit der Pflegebedürftigen fördern. Doch dafür braucht es Zeit, die ich nie hatte", berichtet sie.

Sie arbeitete im Dreischichtdienst, 39 Stunden verteilt auf sechs Tage in der Woche. "Ich hatte keinen Nacht-Tag-Rhythmus mehr", sagt sie. Im Nachtdienst war eine einzige Altenpflege- fachkraft für 60 Menschen verantwortlich. Überstunden waren an der Tagesordnung, wurden nie abgegolten. Zusammenhängende freie Tage gab es nur alle zwei Wochen.

Weniger arbeiten konnte Ramona K. nicht. Sie brauchte das volle Gehalt, weil sie ihren Ehemann – damals noch Student – mitfinanzieren musste. Nach drei Jahren konnte Ramona K. nicht mehr. Diagnose: Burn-out-Syndrom.

Ramona K. ist kein Einzelfall. Beschäftigte der Pflegeberufe sind weit häufiger krank als der Durchschnitt aller anderen Berufe. Im Vergleich zu Krankenpflegerinnen bekommen sie weniger Lohn und verlassen ihren Beruf deutlich früher. Innerhalb der Pflegeberufe zeigt sich zudem eine Ungleichheit zwischen den Geschlechtern: Sogar in typischen Frauenbranchen verdienen Frauen deutlich weniger als männliche Kollegen.

Heute arbeitet Ramona K. in einem Hotel. Die Altenpflege hat eine engagierte Fachkraft verloren.