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Organisierte Kriminalität der Superreichen

erschienen in Klar, Ausgabe 39,

Ob kolumbianischer Drogenboss, syrischer Kriegsverbrecher oder deutscher Milliardär – sie alle nutzen dubiose Briefkastenfirmen in Steueroasen.

Die Reichen und Mächtigen dieser Welt leben meist im Verborgenen. Sie residieren in Villen hinter hohen Mauern, bewacht von Bodyguards. Sie reisen in Privatjets, verkehren in exklusiven Clubs und abgeschirmten Luxushotels mit eigenem Strand. Ihren Reichtum bekommt die Öffentlichkeit nur sehr selten zu Gesicht.   Das hat sich mit den jüngsten Enthüllungen der Süddeutschen Zeitung geändert. Im April enthüllte sie das größte Datenleck der Geschichte: die sogenannten Panama Papers. Es handelt sich um 11,5 Millionen Dokumente (E-Mails, Briefe, Verträge, Urkunden, Bankauszüge) aus den Jahren 1977 bis 2016, die aus der Anwaltskanzlei Mossack Fonseca in Panama stammen. Die Kanzlei soll mehr als 14.000 Klienten bei der Gründung von rund 214.000 Briefkastenfirmen in 21 Steueroasen in der ganzen Welt geholfen haben.   Die Dokumente bieten Einblick in eine Parallelwelt, in der sich unter anderem Drogenbosse, Kriegsverbrecher, die Präsidenten von Argentinien und der Ukraine, Fußballstars und Rennpiloten tummeln. Auch die Crème de la Crème des deutschen Kapitals taucht auf: die Familien Porsche und Piëch (Volkswagen), Quandt (BMW), Burda (Medien) und von Finck (Finanzen).Ihnen allen ist gemein, dass sie die zweifelhaften Vorteile von Briefkastenfirmen in Steueroasen nutzten oder sie bis heute nutzen.    Zwar ist der Besitz einer Briefkastenfirma nicht illegal, solange Vermögen und Gewinne versteuert werden. Doch in vielen Fällen werden die anonymen Briefkastenfirmen von Ausländern genutzt, um die Gesetze in ihren Heimatländern zu brechen: Man verschleiert Eigentumsverhältnisse, verheimlicht Transaktionen und versteckt Vermögen oder Gewinne. Oft soll schlicht Kriminalität vertuscht werden: Mit Briefkastenfirmen werden internationale Sanktionen umgangen, wird Schwarzgeld gewaschen, werden Terrornetzwerke finanziert – und Steuern hinterzogen.    Laut Oxfam werden gegenwärtig rund 7,6 Billionen US-Dollar in Steuerparadiesen gebunkert. Neun von zehn multinationalen Konzernen unterhalten Filialen in Steueroasen.  Die Folgen für den Staat sind dramatisch: Jedes Jahr wird er um Steuereinnahmen in Milliardenhöhe betrogen. Experten schätzen, dass Deutschland jedes Jahr bis zu 100 Milliarden Euro durch Steuertricks entgehen. Finanzexperte Fabio De Masi, für DIE LINKE Mitglied im Europäischen Parlament, fordert seit Langem, dass Banken, die wiederholt Beihilfe zur Geldwäsche leisten, die Lizenzen entzogen werden.    Die Steuerausfälle sind auch deshalb so hoch, weil internationale Konzerne mit Steuertricks ihre Steuern oft auf unter ein Prozent der Gewinne drücken – auch in Europa. Google, Ikea, Apple & Co. tricksen mit künstlichen Patent- und Lizenzgebühren, über die sie Gewinne nach Luxemburg, in die Niederlande oder nach Übersee verschieben. Hilfe erhält das Kartell der Steuervermeider von den EU-Finanzministern, die mit Gesetzen diesen Diebstahl legal machen.   So zahlte die Burger-Kette McDonald’s im Jahr 2013 nur 1,4 Prozent Steuern auf die nach Luxemburg verschobenen Gewinne. Und der Versandhändler Amazon, der den Großteil der in Europa gemachten Gewinne ebenfalls nach Luxemburg lenkte, soll dort jahrelang sogar weniger als 1 Prozent Steuern gezahlt haben. Ihren Aktionären können diese Konzerne deshalb hohe Gewinne ausschütten, weil sie extrem wenig Steuern zahlen.    Die Mehrheit der Bevölkerung finanziert mit ihrer Arbeit und ihren Steuern Kitas, Schulen und Krankenhäuser, während die Reichen und Mächtigen abzocken. Spätestens seit den Panama Papers ist offenkundig: Es ist an der Zeit, die organisierte Kriminalität der Superreichen durch strenge Gesetze und scharfe Kontrollen zu bekämpfen.