CDU/CSU und SPD wollen, dass Jobcenter noch schneller Strafen verhängen können als bisher.
Elke Märtins, zu Hause im Land Brandenburg, blättert in ihrem aktuellen Hartz-IV-Bescheid. Er ist ausgestellt für sechs Monate. Für den Januar erhielt sie den Regelsatz für Alleinstehende von 404 Euro. Im Februar und im März waren es einige Euro mehr. Da gingen Wasser- und Abwassergebühren, Heizkosten, auch die Grundsteuer für ihr kleines Haus vom Konto ab. Kommen diese „Kosten für die Unterkunft“ nicht rechtzeitig, kann sie ihre Rechnungen nicht bezahlen. Die Mahnbriefe der Versorger lassen dann nicht lange auf sich warten.
Elke Märtins ist eine für das Jobcenter unbequeme Frau: Sie weiß um ihre Pflichten, genauso aber um ihre Rechte. Das Hartz-IV-Leben wollte sie nie. Von ihrer Seite aus hat sie dagegen auch alles unternommen. Drei Berufsabschlüsse besitzt die 53-Jährige: technische Ingenieurin, Umweltassistentin, Industrieingenieurin. Ihre Jobs beim BUND Falkensee oder im Landratsamt Oberhavel waren allerdings immer staatlich gefördert und zeitlich befristet. Was fehlte, war nicht ihr Wollen, sondern richtige und existenzsichernde Arbeit.
Gute Arbeit wird es mit dem geplanten Rechtsvereinfachungsgesetz bei Hartz IV wohl auch künftig nicht geben. Noch in diesem Sommer wollen CDU/CSU und SPD das von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) vorgelegte Gesetz beschließen. Den Betroffenen drohen Verschlechterungen. Denn die bereits verabredeten Entschärfungen bei den Sanktionsregeln – keine härteren Sanktionen bei unter 25-Jährigen und keine Sanktionen bei den Wohnungskosten – sind am Widerstand des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) gescheitert.
Stattdessen werden die Daumenschrauben angezogen. Beispiel: „sozialwidriges Verhalten“. Laut Entwurf dürfen Jobcenter Sach- und Geldleistungen zurückfordern, wenn Betroffene ihre Hilfsbedürftigkeit angeblich künstlich aufrechterhalten oder nicht minimiert haben. Das wäre möglich, wenn sie beispielsweise nicht in einen geringfügig höher entlohnten, aber unterqualifizierten Niedriglohnjob wechseln. Bei Ablehnung solch eines Arbeitsangebots darf die Behörde den somit nicht erhaltenen Lohn vom Hartz-IV-Satz abziehen. Und zwar zusätzlich zu bereits verhängten Sanktionen, die den Mindestsatz um 30, 60 oder 100 Prozent kürzen. Geplant ist außerdem eine Obergrenze für Miete und Heizkosten.
Elke Märtins berät in ihrem Heimatort inzwischen selbst Hartz-IV-Berechtigte. Sie gründete gemeinsam mit anderen eine Initiativgruppe „Selbstgenutztes Wohneigentum„. Vor einem Jahr wurde sie als sachkundige Einwohnerin in den Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und Wirtschaft in Falkensee berufen. Alles übrigens Ehrenämter.
DIE LINKE fordert eine sanktionsfreie Mindestsicherung statt Hartz IV
Sofortige Anhebung des Regelsatzes auf mindestens 500 Euro
Abschaffung der Sanktionen bei Hartz IV
Individualisierte Leistungen statt Bedarfsgemeinschaft
Gleiche Regelleistungen für alle erwachsenen Leistungsberechtigten
Gleiche Rechte für alle: Aufhebung des Sonderrechtssystems bei Hartz IV
Neuorganisation des Bildungs- und Teilhabepakets
Abschaffung der Zwangsverrentung