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Morgens um sieben mit »Harzfeuer« am S-Bahnhof

erschienen in Clara, Ausgabe 8,

Katrin Petermann ist 25 und der erste Eindruck sagt: Zurückhaltend, aber offen, freundlich und doch
bestimmt. Zehn Stunden in der Woche arbeitet die angehende Psychologin im Wahlkreisbüro von Gesine Lötzsch, das sich in einer umgebauten Kita in Hohenschönhausen im Bezirk Berlin-Lichtenberg befindet.
Katrin Petermann ist eine von denen, so sagt die Abgeordnete Lötzsch, ohne die gute und kontinuierliche Wahlkreisarbeit schlecht möglich wäre. Ein Glücksfall ist sie also.

Nicht nur, aber auch, weil die Studentin Hohenschönhausen kennt. Sie ist hier aufgewachsen, zur Schule gegangen und wohnt jetzt mit Mann und Kind hier am Obersee. Kann sein, dass viele Menschen diese Ver-bundenheit spüren, wenn so eine vor dem Supermarkt an einem Infostand steht und für die LINKEN Werbung macht. Oft denkt Katrin Petermann dann: Jeder zweite Mensch, der hier vorbeiläuft, hat schon mal links gewählt. Das schafft Vertrautheit auf beiden Seiten und gibt Courage. Zum Beispiel für die »Aktion Brauner Punkt«. Die ist nötig, wenn die Rechten ihre Parolen unters Volk bringen wollen. Dann steht eine wie Katrin Petermann mit einem Papierkorb da, auf dem ein brauner Punkt klebt, und sagt den Leuten aus dem Kietz: »Ihr könnt den Müll hier reinwerfen.« So landen die Parolen dort, wo sie hingehören. Das ist sicher kein schöner, aber ein wichtiger Job.
Katrin Petermann mag es weitaus mehr, Material
der Fraktion DIE LINKE zu verteilen. Wer das regelmäßig tut, macht dabei die eine und andere Erfahrung. »Auch wenn viele Leute die Sachen aus dem Briefkasten nehmen, einen Blick draufwerfen, und mehr vielleicht nicht, finde ich es doch wichtig, dass wir mit unseren Flyern, Flugblättern, Zeitungen deutlich ma-chen: Wir sind da, wir sind hier im Bezirk die stärkste Partei und nehmen diese Verantwortung auch wahr«, sagt die Verteilerin Petermann, die ehrenamtlich auch im Bezirksvorstand der Partei arbeitet und sich dort vor allem um neue Mitglieder kümmert.

Eine Zeitschrift, wie das Fraktionsmagazin ›clara‹ zu verteilen ist in Hohenschönhausen vielleicht einfacher als anderswo. Hier beherbergt ein Zehngeschosser so viele Menschen wie anderswo ein ganzes Dorf.
Hier ist die Partei bekannt, organisiert die Bundestagsabgeordnete Lötzsch seit vielen Jahren Wahlkreisarbeit, die auf Präsenz setzt und nah an den Problemen der Menschen bleibt. Hier hat DIE LINKE viele Anhängerinnen und Anhänger. Das spürt Katrin Petermann. »Trotzdem üben und trainieren wir, uns professionell zu verhalten. Im Sommer werden wir im Wahlkreisbüro solch ein Training beginnen. Wir lernen, mit den ver-schiedenen Reaktionen der Menschen umzugehen.« Das ist sinnvoll, denn auch in Hohenschönhausen sind nicht alle freundlich, wenn die Linken auf der Straße stehen. Kann gut sein, dass sie eine angestaute Wut oder eine schon lange quälende Verzweiflung loswerden wollen. Dass einer kommt und sagt: »Ihr habt doch alle für die Stasi gearbeitet.« Und da nützt es dann nicht viel, darauf hinzuweisen, dass man 1989 gerade mal sieben Jahre jung war. »Es ist wichtig, solche Reaktionen oder Kritik, die dann ungefiltert kommt, nicht persönlich zu nehmen«, sagt die angehende Psychologin Petermann.

Gut sei, dass zum Beispiel ›clara‹ auf den ersten Blick nicht wie ein »altbackenes Parteiblatt« daherkomme. Es animiere viele Leute, erstmal reinzugucken und sich dann im besten Fall auch ein bisschen festzulesen. »Wir haben den Ehrgeiz, jeden Haushalt im Bezirk wenigstens einmal im Jahr zu erreichen: Mit dem Material, durch ein Gespräch oder weil die Leute hierher ins Wahlkreisbüro kommen.«

Für solchen Ehrgeiz nimmt Kathrin Petermann einiges auf sich. Kann also sein, dass sie an einem
Frühlingsmorgen um sieben am S-Bahnhof Hohenschönhausen steht und Tomatenpflanzen mit dem schönen Namen ›Harzfeuer‹ verteilt. Dazu die aktuelle Ausgabe der ›clara‹ oder ein Flugblatt. Gesine Lötzsch sei dann so eine, die immer als erste komme und bis zum Schluss bleibe. Das motiviert auch passionierte Langschläferinnen. »Harzfeuer«, sagt Katrin Petermann und lächelt, »kommt richtig gut an bei den Leuten.«