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Mit links gelesen

erschienen in Clara, Ausgabe 46,

Klaus Brinkbäumer: Nachruf auf Amerika. S. Fischer, 528 Seiten, 24 Euro

Wie wird es weitergehen im Verhältnis zwischen den USA, Europa und Deutschland? Spiegel-Chefredakteur Klaus Brinkbäumer studierte in den USA und berichtete später von dort. Das Fazit seiner kurzweiligen und intensiven Annäherung: »Deutschland und Europa müssen sich von den USA emanzipieren und eigenständiger werden.« Bereits in der Amtszeit von Obama wandten sich die USA von Europa ab, Trump beschleunigt mit seiner Abschottung diesen Prozess. Wo am Ende die USA stehen werden, weiß kaum jemand. Verzweifeln sollen wir nicht, sondern nach vorn schauen. Klaus Brinkbäumer prognostiziert, dass China zügig auf fast allen Gebieten an die Stelle der USA rücken wird. Es investiert in Wissen, Technologie und internationale Zusammenarbeit.

Stefan Baron, Guangyan Yin-Baron: Die Chinesen. Econ, 448 Seiten, 25 Euro

Auch das Buch von Stefan Baron und Guangyan Yin-Baron sollten Sie unbedingt lesen, wenn Sie die künftige Rolle Chinas besser einschätzen wollen. Das deutsch-chinesische Paar legte einen hervorragend geschriebenen Grundkurs über das gesellschaftliche, kulturelle und wirtschaftliche Leben im Reich der Mitte vor. Welche Rolle spielen Erziehung und Familie, was prägt das Denken der Chinesen und wie sehen sie die Welt, weshalb entwickelt sich ihre Wirtschaft mit solcher Dynamik? Stefan Baron und Guangyan Yin-Baron räumen mit vielen Klischees und Vorurteilen auf, machen neugierig auf das Land und seine Völker: »Das Fremde hilft uns, das Vertraute zu verstehen. So gesehen ist dieses Buch über die Chinesen zugleich auch ein Buch über uns.«

Katharina Nocun: Die Daten, die ich rief. Bastei Lübbe, 347 Seiten, 18 Euro

Der jüngste Facebook-Datenskandal wirft erneut die Frage auf, ob wir mithilfe von Daten, die wir selbst liefern, beeinflusst oder gar manipuliert werden. Schlimm genug, dass dazu über die Fernsteuerung von Wahlen diskutiert werden muss, wenn Edward Snowden die Fakten bereits 2013 lieferte. Nun führt die Netzaktivistin und Publizistin Katharina Nocun im Selbstversuch vor, wie viel Facebook, Amazon und Co. über uns wissen, wie sie unsere Daten verwenden können und damit sehr viel Geld verdienen. Auch Behörden sammeln mehr Informationen. Dieser Report rüttelt auf, denn es geht »darum, die Entscheidungsfreiheit darüber zu behalten, welche Informationen wir mit wem teilen wollen. Diese essenzielle Freiheit ist längst zu einer wichtigen Voraussetzung für das Funktionieren moderner Demokratien geworden.«

Michael Butter: Nichts ist, wie es scheint. Suhrkamp, 271 Seiten, 18 Euro

»Wo andere Zufall und Chaos sehen, entdecken Verschwörungstheoretiker einen perfiden Plan«, schreibt Michael Butter in seiner präzisen und betont sachlichen Analyse. Seitdem das Internet Fakt und Fake immer schneller kreisen lässt, finden auch wirklich verrückte Ideen großen Zuspruch. Michael Butter legt Argumentationsmuster von Verschwörungstheorien frei und unter welchen Bedingungen sie geglaubt werden. Dafür ordnet er sie kulturgeschichtlich ein. Dieses Wissen hilft, um wirksame Gegenstrategien zu entwickeln. Hier empfiehlt Butter, im Dialog merkwürdige Sichtweisen gelassen zu hinterfragen. Denn immer öfter knüpfen Verschwörungstheoretiker an tiefsitzenden Ängsten bei ihrem Publikum an, darauf basiert auch die besonders explosive Mischung aus Verschwörungstheorien und Populismus.

Rainer Hermann: Arabisches Beben. Klett-Cotta, 378 Seiten, 16,95 Euro

Die Konflikte im Nahen Osten werden noch lange andauern, weil es sich um tiefgreifende Umwälzungen einer gesamten Region handelt, die ihre Identität sucht. So sagt es Rainer Hermann voraus, Islamwissenschaftler und Autor zahlreicher Publikationen. Er macht sich die Mühe, diese Situation komplex zu untersuchen: Staaten lösen sich auf, die Bevölkerung wächst schnell, die Wirtschaft bricht ein, mit dem Dschihadismus kommt Terror. Darunter liegen konfessionelle Gräben zwischen Saudi-Arabien und Iran, zwischen Sunniten und Schiiten. Der Autor sucht nach Lösungen für die verfahrene Situation und orientiert sich am Prozess, der zum Westfälischen Frieden führte und den Dreißigjährigen Krieg in Europa beendete. Rainer Hermann gelang ein präziser Wegweiser durch ein kompliziertes Thema.

Kate Raworth: Die Donut-Ökonomie.Hanser, 416 Seiten, 24 Euro

Ein kleiner Kreis, der von einem größeren Kreis umschlossen wird: So sieht ein Donut von oben betrachtet aus. Die britische Ökonomin Kate Raworth benutzt ihn als Modell für ihr Konzept einer sozial gerechten und ökologisch sicheren Wirtschaft. Blindes Vertrauen in den Markt, Ausbeutung von Erde und Mensch sowie Dominanz des Finanzsektors sollen der Vergangenheit angehören. Sie wendet Nachhaltigkeitsprinzipien der UNO an und stellt die bestehende Ordnung auf den Prüfstand: Wem vertrauen wir unser Geld an, und was passiert damit? Wie nutzen wir unsere Macht, um nicht mehr nur zu konsumieren, sondern um zu gestalten? Weshalb soll der Wohlstand weniger über der Solidarität mit vielen stehen? Kate Raworth argumentiert schlüssig, begeistert für ihre Idee und lädt zum Weiterdenken ein.