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Lösungen an den Problemen vorbei

erschienen in Clara, Ausgabe 32,

Die Goße Koalition verkauft ihre Rentenreform als großen Wurf. Doch aus der Nähe betrachtet zeigt sich: Das Konzept wird Altersarmut nicht verhindern

Rente ab 63: Etikettenschwindel mit harten Ausschlusskriterien

Ein zentrales Element des Gesetzentwurfs ist der frühere abschlagsfreie Rentenzugang für besonders langjährig Versicherte, der unter dem Stichwort »Rente ab 63« diskutiert wird. Hier ist geplant, Versicherten mit 45 Beitragsjahren einen abschlagsfreien Rentenzugang mit 63 Jahren zu ermöglichen. Dieser gilt aber nur für die Altersjahrgänge 1951 und 1952. Danach wird die Grenze in Zweimonatsschritten angehoben. Aus der »Rente ab 63« wird eine »Rente ab 63 plus« und schließlich eine »Rente ab 65«. Letztere gibt es bereits für diejenigen, die lange Wartezeiten erfüllen. Für alle anderen bleibt es beim Rentenkürzungsprogramm der Rente erst ab 67.

Zu den Wartezeiten zählen Pflichtbeiträge aus Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit, Pflege und Kindererziehung. Zeiten der Arbeitslosigkeit sollen laut Gesetzentwurf zwar auch berücksichtigt werden, aber nur, wenn sie kurzzeitig waren. Selbst dagegen läuft die Union Sturm und fordert eine Begrenzung auf fünf Jahre oder die Anrechnung nur bis zu einem Stichtag. Zeiten des Arbeitslosenhilfe- und des Hartz-IV-Bezugs sind gar nicht mehr in der Diskussion. Langzeiterwerbslose haben so kaum eine Chance, die »Rente ab 63/65« zu erreichen. Insbesondere Beschäftigte im Osten, die nach der Wende häufig langzeitarbeitslos waren, werden erneut benachteiligt.

DIE LINKE meint:

Es ist zwar richtig, besonders langjährig Versicherten einen früheren abschlagsfreien Rentenzugang zu ermöglichen. DIE LINKE will hier noch weitergehen und Menschen, die lange gearbeitet haben, nach 40 Jahren einen abschlagsfreien Rentenzugang mit 60 Jahren eröffnen. Grundfalsch ist es jedoch, an der Rente erst ab 67 für alle anderen festzuhalten. Denn nur etwa ein Drittel erfüllt die Bedingungen für die Rente für besonders langjährig Versicherte, bei den Frauen sind es nur knapp 14 Prozent. Von denen, die weitermachen müssen, sind aber mit 64 Jahren nur knapp 11,4 Prozent noch in sozialversicherungspflichtiger Vollzeitbeschäftigung (insgesamt sind es 2013 16,2 Prozent). Für sie bedeutet die Anhebung des Rentenalters weiterhin steigende Abschläge und Altersarmut. Falsch ist es auch, dass die Rente ab 63 nicht für alle Jahrgänge gilt. Wer so lange gearbeitet hat, ist oft kaputt und muss eher gehen können als mit 65. Wir meinen: Mit 65 sollen alle spätestens in Rente gehen können, langjährige Beitragszahlende und belastete Gruppen deutlich früher.

»Mütterrente«: Weiterhin keine Gleichheit, falsche Finanzierung

Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Rentenpäckchens ist die sogenannte Mütterrente: Frauen (und Männern), die vor 1992 geborene Kinder erzogen haben, soll pro Kind ab 1. Juli 2014 ein zusätzlicher Entgeltpunkt zur Rente angerechnet werden. Das macht dann im Westen knapp 29 Euro, im Osten gut 26 Euro mehr Rente pro Monat. Die Kosten von zirka 6,5 Milliarden Euro pro Jahr will die Regierung bis 2019 aus Beitragsmitteln finanzieren. Danach soll es einen zusätzlichen Bundeszuschuss von 400 Millionen Euro geben, der bis zum Jahr 2022 auf 2 Milliarden Euro pro Jahr anwächst.

DIE LINKE meint:

Diese Verbesserung bei den Kindererziehungszeiten führt zwar zu einer Besser-, aber nicht zu einer Gleichstellung. Jedes Kind auf dem Rentenkonto muss gleich viel wert sein. Egal, ob es 1960 oder 2010, in Dresden oder in Köln geboren wurde. DIE LINKE will deshalb für jedes Kind drei Entgeltpunkte (West) in der Rente anerkennen.

Die Finanzierung der sogenannten Mütterrente aus Beiträgen ist falsch und ungerecht. Sie muss als familienpolitische Leistung aus Steuern finanziert werden. Sonst zahlt die Arzthelferin mit ihren Rentenbeiträgen die »Mütterrente« ihrer Chefin, die selbst nie in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt hat, aber über ein Versorgungswerk abgesichert ist. Schlimmer noch: Wenn die Mütterrente aus Beiträgen bezahlt wird, bleibt kein Geld für andere dringend notwendige Verbesserungen übrig wie die Stabilisierung des Renten-niveaus, die Aussetzung der Rente erst ab 67 und die Abschaffung der Abschläge auf Erwerbsminderungsrenten.

Erwerbsminderungsrente und Reha-Deckel: -Abschläge und Deckelung bleiben

Bei den Erwerbsminderungsrenten, die sich seit Jahren im Sinkflug befinden, soll die Zurechnungszeit, mit der Betroffene so gestellt werden, als hätten sie bis zur Vollendung des 60. Lebensjahrs noch gearbeitet, in einem Schritt um zwei Jahre erhöht werden. Außerdem soll für die letzten vier Jahre vor der Erwerbsminderung geprüft werden, ob das Einkommen sich in dieser Zeit schon verschlechtert hatte, und diese dann gegebenenfalls bei der Berechnung ausgenommen werden. Durch diese Maßnahmen erhöht sich die Erwerbsminderungsrente im Schnitt um 40 Euro im Monat. Das Budget der Rentenversicherung für Rehabilitationsleistungen soll leicht angehoben werden.

DIE LINKE meint:

Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente sind dringend notwendig. Bereits heute liegt der durchschnittliche Zahlbetrag deutlich unter dem Grundsicherungsniveau. Was die Koalition plant, geht aber nicht weit genug. Die Zurechnungszeiten müssen in einem Schritt auf 63 Jahre verlängert werden. Denn erst hier ist für die allermeisten der Eintritt in eine Altersrente frühestens möglich. Und vor allem müssen die ungerechten und systemwidrigen Abschläge weg! Keiner wird freiwillig krank und darf mit Abschlägen bestraft werden. Das würde den Betroffenen im Durchschnitt nicht nur 40 Euro, sondern mehr als 100 Euro bringen und wäre eine deutlich stärkere Verbesserung ihrer Situation.

Die Anhebung des Reha-Budgets reicht nicht aus. DIE LINKE will das Reha-Budget konsequent am Bedarf ausrichten. Das ist dringend nötig, damit die Beschäftigten volle Unterstützung erhalten, gesund und in Würde altern zu können.