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Linke Mittelstandspolitik: Wirtschaftlich vernünftig, sozial verantwortlich

Von Diether Dehm,

Liebe Leserin, lieber Leser,

nach dem schweren Wirtschaftseinbruch im Jahr 2009 füllen sich in vielen Branchen wieder die Auftragsbücher, auch bei kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU). Doch die Wirtschafts- und Finanzkrise ist nicht vorüber, ihre Ursachen wurden nicht beseitigt. Die Euro-Krise und die öffentliche Verschuldung infolge von Bankenrettung und Wirtschaftskrise bedrohen auch in Deutschland die langfristige Entwicklung. Vom Aufschwung profitieren vor allem Konzerne und Banken. Die Situation vieler Kleinunternehmen bleibt dagegen prekär.

Kleine und mittelständische Unternehmen, zu denen 99 Prozent aller Firmen mit 70 Prozent aller Beschäftigten zählen und die 38 Prozent der Gesamtwirtschaftsleistung erbringen, bilden das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. In Anbetracht dessen ist die Politik der schwarz-gelben Bundesregierung ökonomischer Unsinn: Die Fortsetzung des konzernorientierten Steuer- und Lohnsenkungskurses sowie der forcierten Liberalisierung und Privatisierung der letzten zehn Jahre schwächen die Kaufkraft und öffnen Spekulanten Tür und Tor. Es sind fehlende Aufträge, fehlende Zahlungskraft oder mangelnde Zahlungsmoral, die die Lage der KMU so labil machen. Nur wenn Normalverdienerinnen und -verdiener mehr Geld in der Tasche haben, sichert dies einen nachhaltigen Aufschwung, von dem auch der breite Mittelstand profitiert. Leider war in der Vergangenheit das Verhältnis von Unternehmern und der Linken von gegenseitigen Missverständnissen belastet. Der Linken wurde unterstellt, auch kleines Eigentum zerstören zu wollen. Dem wollen wir entgegenwirken, aus wirtschaftlicher Vernunft und sozialer Verantwortung. Für die Fraktion DIE LINKE sind Handwerk und Mittelstand Bündnispartner.

Mit solidarischen Grüßen
Dr. Diether Dehm
Mittelstandspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE

 

DIE LINKE antwortet auf Fragen von Unternehmerinnen und Unternehmern
 

Welche Vorschläge macht DIE LINKE, um die Krise in Deutschland zu überwinden?
DIE LINKE fordert – neben der Neustrukturierung des Finanz- und Bankensektors – ein umfassendes Zukunftsprogramm in Höhe von 125 Milliarden Euro pro Jahr. Dies beinhaltet ein Wachstumsprogramm zur Förderung der Binnennachfrage, einen Fonds für einen sozial-ökologischen Strukturwandel und fördert regionale Wirtschaftskreisläufe. Davon profitieren besonders die KMU. Auch die Stärkung der öffentlichen Hand liegt in ihrem Interesse, denn vor allem die Investitionen der Kommunen bringen Aufträge für lokale Handwerksbetriebe und Dienstleister. Zudem wollen wir eine Reparaturoffensive: Konzerne müssen gesetzlich gezwungen werden, unter anderem Autos, Küchengeräte und Unterhaltungselektronik reparaturfreundlich zu produzieren. Das Reparaturhandwerk wird durch ermäßigte Mehrwertsteuer (7 Prozent) entlastet, erhält Sonderkonditionen für Start-Ups und Überbrückungskredite; ein Label "reparaturhandwerksfreundlich" wird eingeführt. Das schafft Arbeitsplätze, spart Rohstoffe und Energie und schafft dem Handwerk wieder goldenen Boden.

Will DIE LINKE nicht immer nur mehr Steuern?
Die Fraktion DIE LINKE will ein Steuersystem, das Superreiche und Konzerne stärker an der Gemeinwohlfinanzierung beteiligt. Zugleich sieht das Steuerkonzept eine Reform der Einkommensteuer vor, die die überproportionale steuerliche Belastung der niedrigen und mittleren Einkommensgruppen endlich zurückführt (unter anderem durch die Beseitigung des sogenannten "Mittelstandsbauches"). Einkommen unter 6000 Euro sollen weniger Steuern zahlen. Das entlastet die Mehrheit der Kleinunternehmer und Selbstständigen. Zudem will DIE LINKE die Körperschaftssteuer wieder von 15 auf 25 Prozent anheben. Dabei werden kleine und mittlere Betriebe durch die Verrechnung von Einkommens- und Körperschaftssteuer sowie durch die Umwandlung der Gewerbesteuer zu einer Gemeindewirtschaftssteuer geschont.

DIE LINKE will mehr Betriebsprüfer. Belastet das den Mittelstand?
Die Fraktion DIE LINKE fordert den Ausbau der Finanzbehörden. Das soll nicht nur der wirksameren Bekämpfung von Steuerhinterziehung, sondern auch der Steuervereinfachung dienen. Denn für selbständig oder unternehmerisch Tätige kommt die korrekte Steuererklärung einer Olympialeistung gleich. Deswegen will die DIE LINKE, dass in den Finanzämtern Abteilungen für Kleinunternehmen eingerichtet werden, in denen dem Handwerksmeister und der selbstständigen Web-Designerin in Steuerfragen geholfen wird. Auf der anderen Seite gehen dem Staat jährlich mindestens 40 Milliarden Euro durch Steuerflucht im großen Stil verloren. Davon profitieren vor allem Konzerne und Superreiche. Daher wollen wir auch mehr Betriebsprüfungen.

Welches Wirtschaftssystem strebt DIE LINKE an?
DIE LINKE setzt sich zwar für eine wirtschaftlich starke öffentliche Hand und die Rekommunalisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge ein. Sie schützt aber das kleine und mittlere Eigentum. Das kreative unternehmerische Potenzial der KMU ist für eine linke Wirtschaft unerlässlich. Unternehmertum steht für uns nicht grundsätzlich im Widerspruch zu einer sozialistischen Gesellschaft. Der Wirtschaftsverband OWUS zeigt, dass es möglich ist, unternehmerische Leistung und die Rechte von Arbeitenden zusammenzudenken. Der Verband will – wie DIE LINKE – auch für Selbstständige soziale Sicherungssysteme einführen.

Ist die ökologische Energiewende, wie DIE LINKE sie fordert, nicht viel zu teuer?
Die Energiewende ist ökologisch nötig und sozial und ökonomisch machbar. Um die Energiepreise zu begrenzen, muss der Machtmissbrauch der Strom- und Gaskonzerne eingedämmt werden. Das Energiekonzept der Fraktion DIE LINKE sieht Sozialtarife für Haushalte mit geringem Einkommen, Sondersteuern auf leistungslose Extraprofite der Energiekonzerne und den konsequenten ökologischen Umbau des Energiesystems vor. Die Wiedereinführung der Strom- und Gaspreisaufsicht, die Verstaatlichung der Strom- und Gasnetze und die Dezentralisierung der Energieversorgung ist auch für KMU attraktiv, denn im Bereich der erneuerbaren Energien und dem Aufbau einer dezentralen Energieinfrastruktur entstehen neue Absatzmöglichkeiten.

Kann ich mir als kleines Unternehmen einen hohen Mindestlohn leisten?
Vom gesetzlichen Mindestlohn profitieren auch die KMU. Er bietet Schutz vor Niedriglohn-Konkurrenz. Das ist besonders vor dem Hintergrund wichtig, dass mit der seit Mai 2011 geltenden Arbeitnehmerfreizügigkeit Arbeitende aus anderen EU-Staaten zu Tarifen ihrer Heimatländer beschäftigt werden können. Ein Mindestlohn schützt kleine und mittelständische Betriebe gegen Dumping-Praktiken international agierender Konzerne. Zudem stärkt der Mindestlohn die Binnennachfrage: Ein Mindestlohn von zehn Euro entlastet nicht nur die öffentlichen Kassen und Sozialversicherungen um fast 13 Milliarden Euro, sondern führt 
bei den Beschäftigten zu Einkommenssteigerungen von bis zu 26 Milliarden Euro, die in Konsum und Investitionen fließen.

DIE LINKE will die Großbanken vergesellschaften. Schadet sie damit Unternehmern?
Die privaten Großbanken wie die Deutsche Bank haben mit ihren Spekulationen und ihrem Streben nach immer höheren Renditen die Krise mit verursacht und verdienen bis heute daran – auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler und auch der kleineren Betriebe. Zur Finanzierung des Mittelstands haben sie im Gegensatz zu den Sparkassen und Volksbanken wenig beigetragen. Die Fraktion DIE LINKE will darum den Bankensektor neu ordnen: Banken sollen tüchtigen und kreativen Unternehmen Kredite zu vernünftigen Konditionen geben, so wie dies von Sparkassen und Volksbanken jetzt schon geleistet wird. Dagegen wollen wir die Deutsche Bank und andere Großspekulanten nach Artikel 15 des Grundgesetzes in die öffentliche Hand überführen.