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Hat sich Westerwelles FDP kaufen lassen?

erschienen in Klar, Ausgabe 16,

Steuergeschenke als Dank für Millionenspenden? Der jüngste Parteispenden-Skandal zeigt: Der Einfluss von Banken und Konzernen auf die Politik wächst.

Der Aufschrei war groß: August Baron von Finck spendete 1,1 Millionen Euro an die FDP und 820000 Euro an die CSU. Die Koalitionsparteien senkten danach die Mehrwertsteuer für Hotelübernachtungen. Hat sich Westerwelles FDP bestechen lassen?
Finck gehört zu den reichsten Deutschen. Und er ist Miteigentümer der Mövenpick-Gruppe, die in Deutschland 15 Luxushotels betreibt. Somit ist er einer der Hoteliers, denen CDU/CSU und FDP ein milliardenschweres Steuergeschenk machten: Zum 1. Januar 2010 haben sie die Mehrwertsteuer für Hotelübernachtungen von 19 auf 7 Prozent gesenkt. Hoteliers zahlen seitdem rund eine Milliarde Euro weniger Steuern pro Jahr.
Der Vorgang habe nicht bloß „ein Geschmäckle“, urteilt die unabhängige Organisation LobbyControl, die gegen Korruption in der Politik kämpft: „Es stinkt.“ Auch Fraktionsvize Ulrich Maurer (DIE LINKE) kritisiert: „Deutschland wird mehr und mehr zur gekauften Demokratie.“ Er will Spenden von Unternehmen an Parteien generell verbieten. Abgeordnete sollten außerdem nicht auf den Gehaltslisten von Wirtschaftsverbänden und Großbetrieben stehen.
Die von der Bundesregierung beschlossenen Gesetze nutzen nicht nur der Hotelbranche. Zusammengerechnet zahlen Unternehmen zukünftig 2,4 Milliarden Euro weniger Steuern. Auch reiche Firmenerben profitieren: Etliche von ihnen müssen künftig überhaupt keine Erbschaftssteuer mehr zahlen.
Insbesondere in Wahljahren spenden Unternehmen großzügig an Parteien. Spitzenreiterin bei Spendeneinnahmen ist die CDU. Aber auch SPD und Grüne kassierten von 1998 bis 2008 allein vom Allianz-Konzern rund 1,1 Millionen Euro. Diese Parteien hatten die Versicherungsindustrie mit milliardenschweren Subventionen für private Rentenversicherungen beglückt.
Für einen Teil der Steuergeschenke müssen Länder und Gemeinden blechen. Ihnen fehlen künftig bis zu vier Milliarden Euro im Jahr. Bürgerinnen und Bürger spüren das schon heute: In Kommunen und Gemeinden steigen die Gebühren für Müll, Abwasser, Straßenreinigung, Parks und Friedhöfe.