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Gute Arbeit, gutes Leben – Lohngerechtigkeit für alle!

erschienen in Querblick, Ausgabe 7,

Wie die »Heinze-Frauen« Licht in ungerechte Bezahlung brachten
Frauen verdienen in Deutschland im Durchschnitt immer noch weniger als ihre männlichen Kollegen. Laut WSI-Befragung zählt Deutschland neben Zypern, Estland und der Slowakei zu den vier EU-Staaten mit den größten Gehaltsnachteilen für Frauen: Der Einkommensunterschied zwischen Frauen und Männern beträgt bis zu 22 Prozent. Eine skandalöse Zahl, ist doch der Grundsatz der Lohngleichheit bereits 1955 durch das Bundesarbeitsgericht aus dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes abgeleitet worden. Daran sind Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände auf der tarifpolitischen Ebene sowie Betriebs- und Personalräte und einzelne Arbeitgeber auf der betrieblichen Ebene gebunden.  Seitdem wurden die Tarifverträge ständig verbessert. Seit 1972 gibt es keine Frauenlohngruppen mehr.

Aufsehen erregten in diesem Zusammenhang die »Heinze-Frauen«. In den Fotolaborbetrieben Heinze erledigten 1979 in der Abteilung »Filmentwicklung« 16 Männer und 53 Frauen die Arbeit. Alle waren in derselben Lohngruppe eingestuft, die Männer bekamen allerdings durchweg eine außertarifliche Zulage – die Frauen gingen leer aus. 29 der Frauen – alle Gewerkschaftsmitglieder in der IG Druck und Papier (später IG Medien, seit 2001 ver.di) – gingen vor Gericht und forderten rückwirkend für sich die gleichen Zulagen. Sie klagten sich durch die Instanzen und gewannen schließlich 1981 vor dem Bundesarbeitsgericht. Der Prozess wurde von vielen Solidaritätsaktionen bundesweit begleitet.

Trotzdem kann von Lohngerechtigkeit nach wie vor keine Rede sein. Versteckte Formen der Lohndiskriminierung existieren nach wie vor. Bestimmte Tätigkeiten, die üblicherweise von Frauen ausgeübt werden, sind gegenüber typischen »Männertätigkeiten« noch immer unterbewertet. Frauen sind in den unteren Tarifgruppen meist stärker vertreten als Männer, in den höheren Tarifgruppen ist es oft genau umgekehrt.

Die Ursachen sind vielfältig. Eine der wichtigsten ist das noch in vielen Köpfen vorherrschende Bild des männlichen Ernährers und Alleinverdieners. Doch dieses Bild ist lange nicht mehr zeitgemäß und schon gar nicht zukunftsorientiert. Wichtige Einflussgröße ist, ob Frauen und Männer Beruf und Familie miteinander vereinbaren können. Eltern stoßen oft an Grenzen, die Politik und Wirtschaft zu verantworten haben: sie sind konfrontiert mit einem Arbeitsleben, in dem Sicherheiten abnehmen, während die Anforderungen stetig steigen. In vielen Fällen muss die Berufstätigkeit und damit die berufliche Karriere ganz aufgegeben werden. Danach ist die Perspektive ein unsicherer Job: Mini- und Midi-Jobs, aber auch befristete Beschäftigung und Teilzeitarbeit. Frauen erreichen dadurch nicht nur ein geringeres Gehaltsniveau, sondern auch weniger auf die Rente anrechenbare Berufsjahre. Aus einem Lohngefälle wird automatisch ein Rentengefälle: Frauen sind im Durchschnitt stärker von Altersarmut betroffen als Männer.

Das Thema »Gute Arbeit« ist also vor allem auch ein Thema für Arbeitnehmerinnen: sie sind überdurchschnittlich betroffen von sogenannter prekärer Beschäftigung. Und gerade die hohe Zahl an teilzeitbeschäftigten Frauen zeigt, dass Männer und Frauen nicht in gleichem Maße über ihre Zeit verfügen können – abhängige Familienmitglieder werden immer noch in der Regel von den Frauen betreut.

Die Gestaltung der Arbeitzeit ist also einer der Dreh- und Angelpunkte. Sie muss den Interessen der Beschäftigten dienen. Die Arbeitszeit für Vollzeitbeschäftigung muss verkürzt und die Arbeit zwischen Frauen und Männern gerecht verteilt werden, sodass beide Geschlechter Zeit für Familie und Beruf finden. Durch Arbeitszeitverkürzung wird aber nicht nur die vorhandene Arbeit gerechter verteilt, sondern auch der Widerspruch zwischen den Teilen der Bevölkerung, die unsicher oder gar nicht beschäftigt sind und sich längere und sichere Arbeit wünschen, und denen, die gerne mehr Zeit für die Familie hätten, aufgelöst.

DIE LINKE setzt sich für mehr Teilhabe an Arbeit und mehr Chancengleichheit für Frauen ein, denn »…ihr Kampf, der nützt uns allen, drum reihen wir uns ein«
Werner Dreibus, MdB, Stellvertretender Vorsitzender und gewerkschaftspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE