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Globalisierung kann gerecht gestaltet werden

erschienen in Klar, Ausgabe 5,

Zwei fiktive Fälle, eine Logik. Angestellter S. arbeitet in einem deutschen Versicherungskonzern. Dieser schreibt Rekordgewinne. Nun die Ankündigung: Tausende von Stellen werden abgebaut. Dies sei notwendig, um global wettbewerbsfähig zu sein, sagt der Konzernvorstand.

Arbeiterin W. arbeitet in einer chinesischen Fabrik. Sie arbeitet bis zu sechzig Stunden pro Woche. Dafür bekommt sie im Monat umgerechnet zwischen achtzig bis hundert Euro. Sie näht Duschvorhänge. Gestern kam ein Aufkäufer aus Deutschland in die Fabrik. Statt 1,96 Dollar für den Vorhang werde er nur noch 1,80 Dollar zahlen. Weniger Lohn, längere Arbeitszeit, oder der Auftrag ist weg. Im Handel wird der Vorhang dann dreißig Euro kosten.

Vielfach wird dies als Sachzwang »Globalisierung« dargestellt. Nur wer bei der Konkurrenz um Weltmarktanteile die beste Startposition habe, heißt es, könne gewinnen.

Tatsächlich schafft die Politik, führend dabei die G8, diese »Sachzwänge«. Es ist ihre Politik, auch in Heiligendamm, die Länder und Menschen in Konkurrenz zueinander setzt. Ihre Agenda ist immer dieselbe: Freihandel, Sicherung ungehinderter Investitionsfreiheit für Konzerne, verschärfter Schutz geistigen Eigentums und Privatisierung öffentlicher Güter. Sie befördern den Wettlauf um Niedriglöhne, Steuersenkungen für Unternehmen und niedrige Umweltstandards zugunsten der Profite der Konzerne. Die Folgen für die Menschen: Alle fünf Sekunden stirbt ein Kind an Hunger, achthundert Millionen Menschen sind chronisch unterernährt, wachsende Polarisierung zwischen Arm und Reich zwischen und in allen Ländern, Abbau sozialer Standards und Rechte weltweit, Globalisierung von Unsicherheit und Arbeitslosigkeit.

Weil die Globalisierung aber kein Naturphänomen ist, muss sie nicht zwangsläufig zu ungerechtem Welthandel, Sozialabbau und Umweltzerstörung führen. Dazu bedarf es einer grundsätzlichen Umorientierung in der Wirtschafts-, Finanz- und Handelspolitik. Deshalb fordert Die LINKE., die Konzerne auf verbindliche soziale und ökologische Standards zu verpflichten. Öffentliche Güter, wie Wasser, Bildung, Gesundheit und die Verbreitung von Wissen müssen den Konzernen entzogen und Investitionen auf soziale und ökologische Nachhaltigkeit verpflichtet werden.

Statt eines Wettlaufs um Exportmarktanteile muss auf die Stärkung der Binnenmärkte gesetzt werden. Dazu bedarf es einer Demokratisierung der internationalen Entscheidungsprozesse. Die G8 ist dafür nicht der richtige Ort.

Ulla Lötzer ist Sprecherin für Internationale Wirtschaftspolitik und Globalisierung der Fraktion DIE LINKE.