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Gesundheit ist keine Ware! Gesundheitspolitische Positionen der Fraktion DIE LINKE

Von Martina Bunge, Kathrin Senger-Schäfer, Kathrin Vogler, Harald Weinberg,

Liebe Leserin, lieber Leser,

nach der Einführung von Hartz IV und der Zerstörung der Rentenformel ist der geplante Systemwechsel in der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung der dritte Großangriff auf den Sozialstaat. DIE LINKE stellt sich dieser zentralen politischen und gesellschaftlichen Auseinandersetzung. Die eigentlichen Probleme der Versicherten, der Patientinnen und Patienten wie auch der Beschäftigten im Gesundheits- und Pflegebereich kümmern die Bundesregierung wenig. Dabei sind die Forderungen sehr verständlich: Versicherte wollen eine gerechte Finanzierung, Patientinnen und Patienten eine optimale Versorgung und Beschäftigte gute Arbeitsbedingungen.

Ausgangspunkt für DIE LINKE ist: Gesundheit ist keine Ware! Gesundheit ist eine zentrale Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe und Selbstbestimmung jeder und jedes Einzelnen. Gesundheit ist ein existenzielles Gut, das nicht den Spielregeln des Marktes unterworfen werden darf. Deshalb streiten wir für ein sozial gerechtes Gesundheits- und Pflegesystem, in dessen Mittelpunkt der Mensch steht. Wir laden alle ein, mit uns gemeinsam in Bund, Ländern und Kommunen dafür zu kämpfen.

Wir setzen auf die Zusammenarbeit mit Gewerkschaften, sozialen Bewegungen, Kirchen, Sozialverbänden sowie mit Selbsthilfe- und Patientenorganisationen. Zudem bauen wir auf die Expertise von Wissenschaftlern, Ärztinnen, Pflegekräften und aller anderen Beschäftigten im Gesundheitssystem.

1. Für eine zuzahlungsfreie, qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung

Der Trend zur Zwei-Klassen-Medizin ist unübersehbar. Leistungsausgrenzungen, Zuzahlungen und Praxisgebühr zeigen: Wer krank wird, zahlt drauf. Gerade arme Menschen scheuen infolge der hohen Eigenbeteiligungen den Gang in die Praxis oder in die Apotheke und sind letztlich schlechter versorgt.

DIE LINKE will, dass bei Krankheit und Pflegebedürftigkeit für alle Menschen – unabhängig von Einkommen und Vermögen – eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung zur Verfügung steht. Alle medizinisch notwendigen Leistungen sollen gewährt sowie Zuzahlungen und Praxisgebühr abgeschafft werden.

2. Gesundheitsförderung in der Gesellschaft verankern

Gesundheit wird maßgeblich durch die soziale Lage eines Menschen bestimmt: Wer arm ist, wird häufiger krank und stirbt früher. Gesundheitsförderung und Vorsorge können helfen, diese gesundheitlichen Ungleichheiten abzubauen. Doch diese führen in Deutschland noch ein Schattendasein.

DIE LINKE kämpft gegen sozial bedingte Ungleichheiten von Gesundheitschancen. Wir setzen uns für gesundheitsförderliche Lebens- und Arbeitsbedingungen ein und engagieren uns für ein Präventionsgesetz. Maßnahmen zur Gesundheitsförderung und Prävention müssen weiterentwickelt und verbreitert werden. Einen Zwang zur Vorsorge lehnen wir ab.

3. Für eine ganzheitliche und integrierte Versorgung

Krankenhäuser, Arztpraxen und Pflegeeinrichtungen arbeiten kaum zusammen. Die  unzureichend abgestimmte Versorgung schadet der Behandlungsqualität, ist ineffektiv und teuer. Die Schritte zu modernen Versorgungsstrukturen sind zögerlich und inkonsequent.

DIE LINKE will die Trennung von ambulanten und stationären Einrichtungen schrittweise überwinden. Sie sind regional zu vernetzen und konsequent am Bedarf der Bevölkerung auszurichten. Alle Akteure sollten für eine integrierte Versorgung zusammenarbeiten. Gesundheitseinrichtungen müssen barrierefrei sein.

4. Für eine wohnortnahe, flächendeckende und bedarfsgerechte Versorgung

Es gibt in Deutschland Gebiete dichter gesundheitlicher und ärztlicher Versorgung. In anderen Regionen weist die Gesundheits- und Pflegeversorgung Lücken auf, so fehlen zum Beispiel Arztpraxen. Zur Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung ist eine umfassende Reform der bisherigen Bedarfsplanung notwendig.

Dazu fordert DIE LINKE, stationäre und ambulante Einrichtungen ebenso wie ärztliches und pflegerisches Personal einzubeziehen und die Lebenssituation der Bevölkerung zu  berücksichtigen.

5. Krankenhäuser bedarfsgerecht und solide finanzieren

Die Krankenhausfinanzierung ist ungenügend. Zahlreiche Kliniken stehen vor dem Aus oder werden privatisiert. Patientinnen und Patienten werden häufig vorzeitig entlassen, Beschäftigte sind oft überlastet.

DIE LINKE fordert eine öffentlich organisierte, von Krankenkassen und Ländern gemeinsam und solide finanzierte Krankenhausversorgung. Durch eine sozial gerechte Steuerpolitik des Bundes müssen die Länder in die Lage versetzt werden, ihren Investitionsverpflichtungen nachkommen zu können. Weitere Krankenhausprivatisierungen gilt es zu verhindern. DIE LINKE steht für eine Rekommunalisierung der Krankenhäuser.

6. Faire Preise für wirksame und sichere Arzneimittel

Jedes Jahr gehört der Arzneimittelbereich zu den größten Kostentreibern im Gesundheitssystem. Die Qualität der Therapie und der klinischen Forschung lassen zu wünschen übrig.
DIE LINKE fordert, dass nur wirklich sinnvolle Medikamente erstattet werden (Positivliste) – zu einem angemessenen Preis (Kosten-Nutzen-Bewertung). Die Mehrwertsteuer für apothekenpflichtige Arzneimittel soll von 19 auf 7 Prozent reduziert werden. Wir kämpfen für die Stärkung der öffentlichen Forschung und dafür, dass alle klinischen Untersuchungen vollständig veröffentlicht werden.

7. Für die Stärkung der Rechte von Patientinnen und Patienten

Um die bestmögliche Versorgung zu erhalten, muss man informiert sein – sei es, um im Falle einer Erkrankung eine qualitativ hochwertige Versorgung zu erhalten oder um im Falle eines Behandlungsfehlers seine Rechte durchsetzen zu können.

DIE LINKE ist gegen die Abwälzung der Verantwortung für eine gute Behandlung auf die Patientinnen und Patienten. Auch Menschen, die nicht in der Lage sind, ihre Rechte einzuklagen, müssen die bestmögliche Versorgung erhalten. Daneben setzen wir uns für ein umfassendes Patientenrechtegesetz ein. Damit Patientinnen und Patienten ihre Rechte auch wahrnehmen können, wollen wir die Anzahl der Beratungsstellen ausbauen und deren Finanzierung sichern.

8. Pflege und Assistenz an Teilhabe und Bedarf ausrichten

Die Leistungen der Pflegeversicherung sind einseitig auf die körperlichen Grundbedürfnisse beschränkt und unzureichend finanziert. Zur Abdeckung ihres individuellen Bedarfs müssen Pflegebedürftige deshalb auf ihr Einkommen und Vermögen zurückgreifen, oder sie sind auf die Unterstützung von Angehörigen oder die Sozialhilfe angewiesen.

DIE LINKE streitet für ein neues Verständnis von Pflege: Teilhabe am Leben in der Gesellschaft und eine ganzheitliche Pflege müssen Ziele der pflegerischen Versorgung werden. Die Leistungen sind vollständig zu finanzieren. Dazu sind in einem ersten Schritt die Leistungen der Pflegeversicherung deutlich anzuheben und jährlich anzupassen.

9. Gute Ausbildung – Gute Arbeit – Gutes Leben

Personalmangel, Arbeitsverdichtung, lange Arbeitszeiten und eine untertarifliche Bezahlung sind in der Pflege wie auch in vielen Gesundheitsberufen an der Tagesordnung. Das wirkt sich unmittelbar auf die Versorgungsqualität aus.

DIE LINKE streitet für attraktive Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen in allen Bereichen sowie für mehr gut ausgebildete und gut bezahlte Pflegekräfte. Die Anzahl der beschäftigten Pflegekräfte sollte auf dem tatsächlichen Pflegebedarf beruhen und eine ganzheitliche Pflege ermöglichen.

10. Für eine solidarische Bürgerinnen- und Bürgerversicherung

Die Kranken- und Pflegekassen leiden an einem Einnahmeproblem. Verantwortlich hierfür sind die hohe Arbeitslosigkeit, fehlende Lohnzuwächse und Beiträge, die nur auf Erwerbseinkommen und bis zu einer bestimmten Einkommensgrenze erhoben werden. Gutverdienende verabschieden sich ganz in die private Kranken- und Pflegeversicherung. Das Defizit müssen allein die Versicherten in Form von Zusatzbeiträgen und Zuzahlungen ausgleichen. Für Menschen mit einem geringen Einkommen stellt dies eine große Belastung dar.

DIE LINKE will die Kranken- und Pflegeversicherung fit für die Zukunft machen. Wir fordern die Weiterentwicklung der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zur solidarischen Bürgerinnen- und Bürgerversicherung. Jeder Mensch wird Mitglied, auch die heute privat Versicherten. Alle Einkommensarten werden einbezogen, einschließlich Einkommen aus Kapital, Miet- und Pachterträgen. Alle zahlen den gleichen prozentualen Anteil ihres gesamten Einkommens ein. Die Arbeitgeber beteiligen sich zur Hälfte an den Beiträgen ihrer Beschäftigten.

Solidarität muss her!