Zum Hauptinhalt springen

Geld für Bildung statt für Banken!

Von Nicole Gohlke,

Liebe Leserinnen und Leser, liebe Studierende,

die Bundesregierung ruft die Bildungsrepublik aus. Wenn man sich die Hochschulen hierzulande ansieht, kommt einem allerdings das Gegenteil in den Sinn. Die jahrelange Unterfinanzierung des Bildungssystems hat ihre Spuren hinterlassen: Die Gebäude sind marode oder viel zu klein, es gibt nicht genügend Bibliotheken und Mensen. Der Betreuungsschlüssel von Professorinnen und Professoren zu Studierenden liegt mancherorts bei 1 zu 60. Auch die Bologna-Reform, die alles besser machen sollte, ist stark in die Kritik geraten: Leistungsdruck, Verschulung und Angst um den Zugang zum Master sind die Realitäten eines Bachelorstudierenden.

So darf es nicht weitergehen: DIE LINKE fordert mehr Geld für Bildung, denn nur so können die Bedingungen an den Hochschulen verbessert werden, und wir fordern die Rücknahme des Bachelor/Master-Systems. Allerdings werden wir dies nicht allein durch parlamentarische Initiativen durchsetzen können. DIE LINKE muss gemeinsam mit anderen Kräften in diesem Land Druck aufbauen, um den Missständen entgegenzutreten. Die Bildungsproteste der vergangenen Semester haben gezeigt, wie dies gelingen kann: Die Abschaffung der Studiengebühren in drei Bundesländern war der unmittelbare Erfolg der Studierendenbewegung. Daran sollten wir anknüpfen.

Hier wollen wir Euch über unsere Kritik an der Politik der Bundesregierung informieren und Alternativen der Fraktion DIE LINKE vorstellen.

Mit solidarischen Grüßen,
Eure Nicole Gohlke, hochschulpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE


Ein gutes Studium für alle

Unser Bildungssystem ist selektiv. Die Selektion beginnt schon in der Schule und setzt sich beim Übergang zur Hochschule nahtlos fort. Aus Angst vor Verschuldung schrecken viele Schülerinnen und Schüler vor der Aufnahme eines Studiums zurück. Zahlreiche andere werden trotz guter Abiturnoten und der formalen Hochschulzugangsberechtigung in den mittlerweile zahlreichen Bewerbungsverfahren aus-sortiert. Für DIE LINKE ist Bildung ein Menschenrecht. Wer studieren möchte, muss die tatsächliche Möglichkeit bekommen, die notwendigen Fähigkeiten zu erwerben und dann studieren zu können. Viele halten das für utopisch, denn Bildung kostet Geld. Doch Geld ist da – die Bankenrettungen beweisen es. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt gibt Deutschland deutlich weniger für Bildung aus als viele andere Industrieländer – deshalb sagt DIE LINKE:

Geld für Bildung statt für Banken. Das Recht auf ein gutes Studium für alle, die es möchten, müssen wir gemeinsam erkämpfen. Der erfolgreiche Widerstand der Studierenden gegen Studiengebühren in vielen Bundesländern macht uns Hoffnung. Bildung für alle ist für uns eine Frage von Berufschancen und Selbstverwirklichung, aber auch eine Frage von Demokratie.

Recht auf einen Studienplatz

Jedes Semester bekommen tausende Studieninteressierte eine Absage von den Hochschulen, an denen sie sich beworben haben, weil Studienplätze fehlen. Im Jahr 2011 beispielweise gibt es mindestens 50 000 Plätze zu wenig. Doch das Angebot an Studienplätzen muss den Studierwünschen angepasst werden und nicht umgekehrt. Die Studierenden können selbst entscheiden, welches Fach an welcher Hochschule sie am besten studieren. Die jahrzehntelange Mangelverwaltung muss aufhören, NCs müssen verschwinden. Es muss ein wirksames Recht auf einen Studienplatz geben.

Recht auf Master

Das Master-Desaster rollt auf die Hochschulen zu. Immer mehr Studierende absolvieren ihren Bachelor. Die meisten wollen danach einen Master machen, derzeit 78 Prozent. Doch die Regierenden planen anders: Ein großer Teil der Studierenden soll nach dem Bachelor gehen. DIE LINKE fordert deswegen das Recht auf einem Masterstudienplatz für alle, die möchten. Ohne unfreiwillige Fach- oder Hochschulwechsel, ohne BaföG-Unterbrechung.

Wer studiert, braucht Geld

Eigentlich ist klar: Vollzeitstudium und normale Erwerbstätigkeit schließen sich aus. Wenn das Studium nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängig sein soll, müssen Studierende eine verlässliche öffentliche Förderung bekommen, die Lebenshaltung und Ausbildungskosten abdeckt. Sonst scheitern Studienwünsche am Geld. Derzeit geben 77 Prozent der Studienberechtigten »das Fehlen der nötigen finanziellen Voraussetzungen« als Grund an, nicht zu studieren. Es gibt eine krasse soziale Benachteiligung auch im Studium. Wer laufend im Semester jobbt, arbeitet durchschnittlich 16 Stunden in der Woche. In der starren Struktur der neuen Studiengänge fällt das besonders negativ ins Gewicht. Wenn wir eine gute öffentliche Studienfinanzierung erreichen, können sich alle Studierenden auf ihr Studium konzentrieren, soziale Diskriminierung nimmt ab, Studierende und andere Beschäftigte werden weniger gegeneinander ausgespielt.

DIE LINKE will eine sofortige Erhöhung der BAföG-Sätze um 10 Prozent, das Ende der BAföG-Schulden, die Beseitigung der Diskriminierung von Studierenden über 30 Jahren, von Auszubildenden, Schülerinnen und Schülern, Teilzeitstudierenden und Menschen mit Behinderung oder Migrationshintergrund. Notwendig ist auch eine soziale Infrastruktur an der Hochschule mit Mensen, Wohnheimen und Kinderbetreuung für Studierende und Beschäftigte.

Keine Ausbeutung in Job und Praktikum

PraktikantInnen dürfen nicht ausgenutzt werden. Sie brauchen ein wirksames Recht auf angemessene Vergütung. Praktika müssen Lernverhältnisse sein. Wer ganze Arbeit leistet, die fest in den Betriebsablauf eingeplant ist, dem stehen alle Rechte eines Beschäftigten zu. Aber selbst Hochschulabsolventinnen und -absolventen, besonders nach dem Bachelor, bekommen oft nur ein Praktikum angeboten, obwohl sie ausgebildet sind. Für DIE LINKE ist das klarer Missbrauch. Viele Studierende jobben im Niedriglohnbereich. Selbst nach dem Abschluss, beim Berufseinstieg, sind unbefristete Arbeitsverträge die Ausnahme, die Löhne meist deutlich geringer als vor einigen Jahren. Viele Unternehmen nutzen die Zwangslage der Jobsuchenden aus.
DIE LINKE will gemeinsam mit Studierenden und Beschäftigten gesetzliche Verbote von prekärer Beschäftigung und einen Mindestlohn von mindestens 10 Euro erkämpfen und tarifliche Löhne verteidigen. Praktika müssen als Lernverhältnisse festgeschrieben werden und Rechte im Praktikum müssen gesetzlich geregelt werden. Und wir fordern das Verbot von Praktika nach berufsqualifizierenden Abschlüssen.

Hochschulen unbestechlich machen

Hochschulen sollen im Interesse des Allgemeinwohls ausbilden und forschen. Sie dürfen deshalb nicht in Abhängigkeit von Einzelinteressen gebracht werden. Dies ist auch eine Frage der Demokratie. DIE LINKE fordert eine ausreichende öffentliche Finanzierung aller Hochschulen. Wir wollen keine von Privatbanken, Pharma- und Rüstungskonzernen gesponserten Lehrstühle, keinen Aldi-Süd- oder easycredit-Hörsaal.

Ein gutes Studium stellen wir uns anders vor

Die Bologna-Reformen waren auch ein Sparprogramm. Um Elite-Einrichtungen zu finanzieren, wurde ein billiges, verschultes Massenstudium geschaffen, starr, kleinteilig, mit permanenter Anwesenheits- und Leistungskontrolle. Nicht die Anhäufung von Faktenwissen, sondern die beispielhafte Anwendung wissenschaftlicher Methoden und die Auseinandersetzung mit verschiedenen Sichtweisen sollte im Studium im Vordergrund stehen. DIE LINKE fordert ein selbstbestimmtes Studium mit Raum für Eigeninitiative bei hervorragender Betreuung. Dafür sind deutlich mehr Dozentinnen und Dozenten erforderlich, die neben der Lehre auch Zeit für Forschung haben müssen und gesicherte, bezahlte Arbeitsverhältnisse brauchen.