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Frauenrechte sind Menschenrechte

erschienen in Lotta, Ausgabe 7,

Die weibliche Genitalverstümmelung ist eine dieser schweren Menschenrechtsverletzungen. Was sie mit den Mädchen macht, welche Spuren lebenslänglich bleiben, das hat das Model Waris Dirie in ihrem Roman „Wüstenblume“ bitter schmerzhaft beschrieben. Diese geschlechtsspezifische Gewalt ist keine religiöse Praktik, sondern sie wird in patriarchalen Gesellschaften benutzt, um die weibliche Sexualität einzuschränken, sie im wahrsten Sinne des Wortes zu beschneiden. Allein in der Europäischen Union sind bis zu 180.000 Mädchen und junge Frauen pro Jahr diesem Risiko ausgesetzt. Entweder werden sie im Mitgliedsstaat oder im Herkunftsland der Eltern verstümmelt. Weltweit sind jährlich etwa drei Millionen Mädchen betroffen, teilweise bereits im Säuglingsalter.

Der Schlüssel zur Überwindung dieser Gewalt an Mädchen und Frauen ist Wissen: Aufklärung, das Verstehen und Erkennen von aufgezwungenen, falschen Ritualen. Das kann langfristig das Verhalten ändern. Terre des Femmes – Menschenrechte für die Frau e.V. (TDF) verfolgt diesen Ansatz seit der Gründung vor über 30 Jahren. Dabei arbeitet TDF in vier EU-Ländern mit Partnerorganisationen zusammen. Sie bilden einflussreiche Frauen und Männer afrikanischer Communities zu Change Agents aus. Sie versuchen dann in ihrem sozialen Umfeld durch Aufklärung einen Bewusstseinswandel zu erreichen: bei den Mädchen, den Müttern, den Familien. Immer in der Hoffnung, dass diese Frauen verachtende Praxis aufgegeben wird.

TDF unterstützt aber auch lokale Fraueninitiativen. Beispiel: Amazonian Initiative Movement (AIM) in Sierra Leone. Bei AIM werden die Mädchen über ihre Rechte informiert, vor geschlechtsspezifischer Gewalt geschützt. Die Mitarbeiterinnen gehen in Schulen, sprechen mit Mädchen im Alter von 5 bis 18 Jahren über Gefahren und Spätfolgen einer Genitalverstümmelung. Einige Mädchen fliehen später vor ihrer drohenden Verstümmelung oder vor einer Zwangsheirat. Mit Hilfe von TDF konnte 2011 ein Schutzhaus für diese run-away girls eingeweiht werden. AIM bietet den Mädchen sowohl Schutz als auch Schulbildung für ihre spätere eigene Existenz an. Die Gründerin von AIM in Sierra Leone, Rugiato Turaey, kennt die Ängste der Mädchen nur zu genau. Sie selbst wurde im Alter von 12 Jahren beschnitten, wäre dabei fast verblutet. Diese schreckliche Erfahrung treibt sie an: „Menschen bilden, heißt sie stärken. Nur über ihre Denkweise können wir das Handeln der Menschen verändern.“

 

Astrid Bracht
TERRE DES FEMMES, Bundesgeschäftsstelle Berlin