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Frauen und Männer gemeinsam gegen den Krieg

Von Christine Buchholz, erschienen in Querblick, Ausgabe 16,

Die Ursache von Krieg ist nicht männliche Aggressivität, sondern der moderne Kapitalismus, erläutert die Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE, Christine Buchholz

Kriege werden meist von Männern geführt. Frauen sind vor allem Opfer von Kriegen. Das zeigt sich beispielsweise in Afghanistan, wo sich die Lebensbedingungen für Frauen während des Krieges und durch den Krieg dramatisch verschlechtert haben. Die Ursache von Kriegen wird deshalb teilweise in der Aggressivität von Männern gesehen. Frauen seien friedfertiger, wird häufig argumentiert. Die Friedensgruppe »Frauenaktion Scheherazade« forderte während des Golfkrieges 1991: »Wir brauchen einen Weltsicherheitsrat der Frauen, denn sie sind in die militärische Logik nicht eingebunden.«

Die bürgerliche Frauenrechtlerin und Pazifistin Anita Augspurg vertrat nach dem Ersten Weltkrieg in Bezug auf Gewalt die These von der Wesensungleichheit von Mann und Frau: Dem männlichen Prinzip, dem Grundsatz der Gewalt, des Kampfes aller gegen alle stehe das weibliche Prinzip der gegenseitigen Solidarität, der Güte, des Verstehens gegenüber. Die Gewaltherrschaft des Mannes habe »das Elend der Welt erzeugt«, sie sei unfruchtbar und tötend. Hingegen sei das Wesen der Frau fruchtbar, schöpferisch und werde »die Welt erlösen«.

Auch Frauen haben Kriege geführt 
Dieser These widerspricht, dass auch Frauen in der Geschichte Kriege geführt haben und sich an Kriegen beteiligen: Die ehemalige US-Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice warb weltweit für den Irakkrieg. Die aktuelle US-Außenministerin Hillary Clinton forderte Ende letzten Jahres die Verbündeten auf, sich dem Versuch der USA anzuschließen, mit mehr Militär in Afghanistan »das Ruder herumzureißen«. Angela Merkel folgte dieser Aufforderung und erhöhte die Zahl der deutschen Soldaten in Afghanistan auf 5350. Eine junge afghanische Abgeordnete, die ich traf, verteidigte die Bombardierung in Kundus, die am 4. September 2009 durch den Befehl eines Bundeswehrobersts ausgelöst wurde und bei der Zivile und Kämpfer getötet wurden.

Männer dagegen sind nicht nur bereitwillige Soldaten. Die Meuterei der Kieler Matrosen läutete die Revolution in Deutschland 1918 und das Ende des Ersten Weltkriegs ein. Amerikanische GIs verweigerten zu Tausenden die Befehle ihrer Offiziere in Vietnam. Italienische Hafenarbeiter und Eisenbahner stoppten die Verladung von amerikanischem Kriegsmaterial für den Irak. Ehemalige Soldaten und ihre Familien spielen in den USA und in Großbritannien eine enorm wichtige Rolle in der Bewegung gegen den Irakkrieg und den Afghanistankrieg.

Nicht das Geschlecht einer Person ist also entscheidend für ihre Haltung zum Krieg, sondern ihre Position in der Gesellschaft und ihre politischen Überzeugungen sind es. 

Kriege und Profitstreben
Wo liegen dann die Ursachen von Kriegen? Der preußische General und Militärtheoretiker Carl von Clausewitz prägte die Formel: »Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln.« Mit anderen Worten, Kriege entstehen, wenn Regierungen die Machtinteressen ihres Staates auf diese Weise am besten durchsetzen können. Die Auseinandersetzungen zwischen den großen Industrienationen finden meist in Handelskriegen oder in den Hinterzimmern der internationalen Institutionen wie IWF oder WTO statt. Aber eben nicht immer.

Die Konflikte um die Verteilung des Reichtums zwischen kapitalistischen Staaten sind eine zwangsläufige Folge der Konkurrenz von Konzernen untereinander einerseits und der engen Verflechtung von Staat und Wirtschaft andererseits. Sie sind untrennbar mit dem Kapitalismus und der Produktion um der Profite willen verbunden.

In den sogenannten Entwicklungsländern wurden solche Konflikte nach dem zweiten Weltkrieg schon lange militärisch in sogenannten Stellvertreterkriegen ausgetragen. Mit dem Ende der Blockkonfrontation ist eine neue Phase der globalen Konkurrenz angebrochen. Die Neuaufteilung der Welt, der Kampf um den Zugang zu Rohstoffen, Transportwegen und Absatzmärkten führen zu neuen Kriegen – im Irak, in Afghanistan, auf dem afrikanischen Kontinent. Wirtschaftliche und geostrategische Interessen liegen den westlichen Militärinterventionen zugrunde: Der Bau von Gas- und Erdöl-Pipelines, die Sicherung von Transportwegen, beispielsweise für den Schiffsverkehr am Horn von Afrika, sind solche Interessen.

Die einfache Bevölkerung – Frauen wie Männer – profitiert nie vom Krieg. Wir brauchen ihre Kraft in der Friedensbewegung. Theorien über Aggressivität und Männlichkeitswahn als Ursache von Kriegen lenken davon ab, dass die Befehle für den Kriegseinsatz von Männern wie Frauen der herrschenden Klasse kommen.

Christine Buchholz, friedenspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE