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Einstimmiges Ja zu »Nein heißt Nein«

erschienen in Lotta, Ausgabe 12,

In einer historischen Abstimmung hatte der Deutsche Bundestag im Juli 2016 einstimmig eine grundlegende Reform des Sexualstrafrechts beschlossen. Im November letzten Jahres trat die Neuregelung in Kraft.

Dieses Datum, Donnerstag, der 7. Juli 2016, wird in die Geschichte eingehen. Auf jeden Fall in die der Frauenbewegung. Das ist keine Übertreibung. An diesem Tag stimmte der Deutsche Bundestag der gesetzlichen Verankerung des Grundsatzes »Nein heißt Nein« einstimmig über alle Fraktionsgrenzen hinweg zu. So wie es die Istanbul-Konvention vorsieht und auch zahlreiche Frauen, ihre Verbände und Organisationen seit vielen Jahren gefordert hatten. »Nein heißt Nein« bedeutet ab sofort, dass nun nicht mehr mit Zwang ein entgegenstehender Wille gebrochen werden muss, damit ein Übergriff unter den Straftatbestand der Vergewaltigung fällt, sondern die Äußerung des entgegenstehenden Willens – in welcher Form auch immer – dafür ausreicht.

DIE LINKE tritt nicht häufig für eine Verschärfung des Strafrechts ein, da dies immer nur das letzte mögliche Mittel sein darf. In diesem Fall aber handelt es sich bei der Gesetzesänderung um einen Paradigmenwechsel, um einen wichtigen Fortschritt. Der Grundsatz – das sexuelle Selbstbestimmungsrecht als solches – wird als Wert anerkannt und entscheidend ist nicht mehr die Intensität der Gewalt, mit der dieses Recht gebrochen wird. Es muss dadurch nicht automatisch zu mehr Verurteilungen kommen, denn die meisten Vergewaltigungen haben keine Zeug*innen und noch immer gilt das rechtsstaatliche Prinzip »im Zweifel für den Angeklagten«. Daran möchte niemand drehen und das ist auch gut so. Aber der neue Paragraf 177 des Strafgesetzbuches enthält eine Aussage darüber, was in unserer Gesellschaft in Ordnung ist und was nicht. Das hat Strahlkraft.

Mehr als ein Wermutstropfen ist jedoch, dass die Große Koalition die breit gestützte Gesetzesnovelle mit populistischen Forderungen verbunden hat. So wurden auch sexualisierte Übergriffe aus Gruppen heraus gesondert unter Strafe gestellt, obwohl gemeinschaftliche Handlungen und Mittäterschaft bereits zuvor erfasst wurden. Zuletzt wurde die Änderung des Sexualstrafrechts im letzten Moment mit einer erneuten Verschärfung des Aufenthaltsrechts verknüpft. Der Blick wird damit erneut vom Selbstbestimmungsrecht der Frau, Nein zu sagen, auf den potenziellen Täter gelenkt oder genauer gesagt, einen bestimmten potenziellen Täter. Damit werden nicht nur die fremdenfeindlichen Stimmungen im Nachgang der Silvesternacht in Köln bedient, sondern dieser hart erkämpfte Sieg der Frauenbewegung wird für andere Zwecke instrumentalisiert.

DIE LINKE im Bundestag