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Editorial

erschienen in Querblick, Ausgabe 11,

Der Internationale Frauentag ist ja auch ein Anlass zur Bilanz: Wie weit sind wir in 90 Jahren Frauenwahlrecht gekommen im Kampf um ein Ende direkter und indirekter Diskriminierungen von Frauen, im Kampf gegen patriarchale Strukturen und für eine wirkliche Gleichstellung der Geschlechter?

Woran messen wir Fort- oder Rückschritt? Ist für die Standortanalyse eher Ministerin von der Leyen entscheidend, die ein (wenn auch sozialungerechtes) Elterngeld vorangebracht hat und, wenn auch sehr zögerlich, demnächst die öffentliche Kinderbetreuung ausbauen will? Ist das ein Fortschritt, obwohl sie dabei völlig ausblendet oder billigend in Kauf nimmt, dass Frauenerwerbsarbeit immer seltener Existenzsicherung bedeutet, ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht oder Altersarmut verhindert?

Oder sollten wir froh sein, dass doch immerhin, wenn auch sehr vorläufig, eine Herdprämie verhindert wurde? Oder ist es typischer für unsere Zeit, dass im Deutschen Bundestag auf Initiative eines CSU-Abgeordneten mit mehr oder weniger direkter oder indirekter, aber jedenfalls breiter Unterstützung aus SPD, CDU/CSU, Grünen und FDP einschließlich einer ehemaligen und einer aktiven SPD-Ministerin das Schwangerschaftskonfliktgesetz verschärft werden soll? Mit der Begründung, ungeborenes Leben müsse besser geschützt werden (gegen wen wohl)?

Wo stehen wir in einem angeblich aufgeklärten, modernen Land, wenn sich Regierung und weite Teile der höchsten Volksvertretung nicht zuständig erklären für den Skandal, dass Frauen im Durchschnitt fast ein Viertel weniger für die gleiche Arbeit bekommen? Armes Deutschland, auch und erst recht am 8. März …
Kirsten Tackmann, Frauenpolitische Sprecherin und Vorstandsmitglied der Fraktion DIE LINKE