Nach dem Scheitern der Jamaika-Verhandlungen geht derzeit die politische Hängepartie bei der Regierungsbildung weiter. Ein Ende ist zu diesem Zeitpunkt nicht absehbar. Das hätte man nach dem Ergebnis bei der Bundestagswahl im September eigentlich ahnen können. Dennoch wartet jetzt, seit nunmehr drei Monaten, der Bundestag mit der Einsetzung seiner Arbeitsausschüsse auf eine neu gebildete Bundesregierung.
Die Fraktion DIE LINKE hat sich mit dem kaltgestellten Bundestag nicht abgefunden. Seit der ersten Plenarsitzung haben wir darauf gedrängt, den Bundestag, als einziges von der Bevölkerung direkt gewähltes Verfassungsorgan des Bundes, arbeits-fähig zu machen. Und wir haben uns jetzt durchgesetzt: Wann auch immer sich welche Regierung bildet – oder auch nicht –, die Ausschüsse werden Mitte Januar eingesetzt.
Das wird auch Zeit. Denn wir Abgeordnete des Bundestags sind seit September gewählt, um uns um die Probleme im Land zu kümmern: um die ungerechte Vermögensverteilung, ungleiche Löhne und Renten in Ost und West, prekäre Arbeitsverhältnisse und Leiharbeit oder den Pflegenotstand, um nur einige der dringlichsten Baustellen zu benennen. Wenn Konzerne Massenentlassungen planen, um ihren Profit zu maximieren, hilft es nicht, auf eine neue Regierung zu warten, sondern dann ist der Bundestag gefragt. Und auch die Position der Bundesrepublik zu internationalen Konflikten und Problemlagen muss von Fachpolitikerinnen und politikern diskutiert werden.
Dass es gerade keine ordentliche Bundesregierung gibt, sollten wir als Chance für das Parlament begreifen. Ohne das sonst übliche Koalitionskorsett können wir uns um Themen kümmern, die lange blockiert und aufgeschoben wurden, zum Beispiel die Abschaffung des Kooperationsverbots. Wenn der Bundestag jetzt die politische Gestaltung des Landes übernimmt, wäre das nicht nur gute Werbung in eigener Sache, sondern auch ein Gewinn für die Demokratie.
Unsere Fraktion hat in den letzten Wochen etliche Anträge und Gesetzentwürfe erarbeitet, vom Sofortprogramm gegen den Pflegenotstand über die Erhöhung des Mindestlohns bis hin zur besseren Kontrolle von Lobbyisten. Was wir uns in dieser Wahlperiode genau vorgenommen haben, machen wir zum Schwerpunkt dieser Ausgabe des Fraktionsmagazins clara.
Wir stellen außerdem unsere neue Fraktion im Bundestag vor, die viele erfahrene und einige neue Gesichter hat. Zwei neue Abgeordnete, Susanne Ferschl aus Bayern und Sören Pellmann, Direktkandidat aus Sachsen, schildern ihren Weg in die Politik und in die Fraktion DIE LINKE im Interview.
Wie es ist, Neuland zu betreten, kann ich gerade sehr gut nachvollziehen: Als frisch gebackener Erster Parlamentarischer Geschäftsführer möchte ich einen großen Dank an Petra Sitte aussprechen, die diesen anspruchsvollen Job vorher gemacht hat. Es ist keine leichte Aufgabe, die Arbeit der neuen Fraktion zu koordinieren und zu planen und dies dann wiederum mit den anderen Fraktionen und dem Parlamentspräsidium abzustimmen. Das ist gerade in diesen Zeiten eine wirkliche Herausforderung, macht aber auch Spaß. Und so meine ich, ganz gleich, ob die Zukunft neue (große) Koalitionen, Minderheitsregierungen oder Neuwahlen bringt: DIE LINKE im Bundestag ist gut aufgestellt, um in die soziale Offensive zu gehen!
Danke für Ihr Interesse und viel Spaß beim Lesen wünscht
Jan Korte ist Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion DIE LINKE im Bundestag