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Der Mainstream ist verbraucht

erschienen in Querblick, Ausgabe 5,

Der Durchschnittskonsument ist politisch überholt

Verbraucherpolitik zielt häufig auf den idealtypischen Mainstream in der Bevölkerung und schränkt damit ihre eigenen Möglichkeiten ein. Wer viele Menschen erreichen will, muss diese differenziert wahrnehmen und ansprechen. So sollte sich Verbraucherpolitik auch verstärkt mit der Rolle von Frauen als Verbraucherinnen auseinandersetzen.  

Wer geht denn einkaufen?

Nach wie vor sind Haushalt, Ernährung und gesundheitliche Vorsorge vor allem eines: Frauensache. Frauen tragen die Verantwortung für die unbezahlte Hausarbeit und sind mehr mit verbraucherpolitisch relevanten Sachverhalten, wie beispielsweise der Belastung von Obst und Gemüse mit Pflanzenschutzmitteln, konfrontiert. Sie haben angesichts der Doppelbelastung mit Familie und Beruf weniger Zeit, sich über Qualitätsaspekte von Lebensmitteln zu informieren. Gleichzeitig werden die Informationsangebote immer komplexer. Häufig sind diese im Internet zu finden – einem Medium, zu dem nicht alle in gleichem Maß Zugang haben.

Wer trägt das Risiko?

Es bleibt immer ein Restrisiko, mit dem vor allem Frauen umgehen müssen. Dieses ergibt sich aus dem nicht vorhandenen Wissen über (Neben-)Wirkungen von Produkten und die Zulassung »unbedenklicher Restmengen« unterhalb gesetzlicher Grenzwerte. Wie soll die Nichtexpertin die Kritik von Verbraucherorganisationen an der Grenzwert-Festsetzung einschätzen? Wie kann sie beurteilen, ob die tolerierte Restmenge schädlich ist oder nicht? Letztlich müssen Frauen die Unsicherheit über Verbraucherinformationen durch Mehrarbeit bei der Informationsbeschaffung kompensieren. Das Restrisiko bleibt darüber hinaus ihr Privatproblem.

Was tun?

Im Bereich der Informationspolitik lässt sich mehr Transparenz herstellen, indem politische Auseinandersetzungen über Grenzwerte unter anderem als Politikum kommuniziert werden. Verstärkte Verbraucheraufklärung an der Basis, zum Beispiel über den Umgang mit Pflanzenschutzmitteln und dem Restrisiko, führt zu größerer Alltagsnähe. Zudem sollte über den Einsatz von Medien auch unter Geschlechteraspekten nachgedacht werden: Hat es Sinn, Informationen zu Verbraucherschutz ausschließlich über das Internet zu kommunizieren, wenn Frauen dort weniger präsent sind als Männer? Grundsätzlich muss also immer -- die Frage gestellt werden, ob eine verbraucherpolitische Maßnahme die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung abbaut oder stärkt. Erforderlich ist eine umfassende Kommunikations- und Politikstrategie, welche die unterschiedlichen Zielgruppen und dabei insbesondere die Frauen mehr berücksichtigt. Astrid Kinateder