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Datenschutz für Beschäftigte stärken

Von Jan Korte,

Liebe Leserin, lieber Leser,

 

Beschäftigte werden in ihren Arbeitsverträgen zumeist auf die Schweigepflicht über die Angelegenheiten des Arbeitgebers, auch nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses verpflichtet. Das ist ein berechtigtes Anliegen. Wie aber sieht es für die Beschäftigten selber aus? Gilt auch für sie das Recht darauf, dass ihr Arbeitgeber Daten, die er über sie hat, verantwortungsvoll behandelt und vor Missbrauch schützt? Beschäftigte wollen nicht jede kleinste Bewegung bei der Arbeit oder in der Freizeit auf Video aufgenommen haben. Sie wollen nicht, dass Angaben über ihr Freizeitverhalten, ihre Krankenakte und ihr Kommunikationsverhalten erhoben, gespeichert oder sogar weitergegeben werden. Auch diese Anliegen sind berechtigt. Der Datenschutz für Beschäftigte wird seit Jahren von diversen Bundesregierungen komplett vernachlässigt. Wir meinen: Die Grundrechte und der Datenschutz enden zurzeit am Werkstor oder in den Umkleidekabinen von Beschäftigten. DIE LINKE fordert, diesem Missstand ein Ende zu bereiten und endlich ein Gesetz zum Schutz der Daten von Beschäftigten vorzulegen. Wie wir uns das vorstellen, erläutern wir in diesem Flyer.

 

Mit solidarischen Grüßen,

Ihr

 Jan Korte

 

Der Skandal ist Alltag, nicht Ausnahme

 

Schnüffeleien bei der Bahn, Blutproben bei Rundfunkanstalten und einem Autohersteller, Videoüberwachung beim Supermarkt bis in die Umkleidekabinen – und ein Textildiscounter schnüffelt hinter seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hinterher, um herauszufinden ob sie verschuldet sind. Kein Instrument ist vielen Arbeitgebern zu abwegig und keine Methode zu plump: Von High-Tech-Instrumenten bis zum altbewährten Abhören, vom Ausspähen der E-Mails bis zu Blut- und DNA-Proben, von biometrisch gesteuerten Kontrollen bis zum Missbrauch von Bewerbungsunterlagen. So erleben Beschäftige alltäglich und rundum die Überwachung am Arbeitsplatz. Erst vor Kurzem erschien eine Studie zum Datenschutz in Unternehmen, in der festgestellt wurde, dass ein Großteil der deutschen Unternehmen den Datenschutz nicht ernst genug nimmt. So würden die gesetzlichen Vorgaben nur formal umgesetzt, in wenigen Betrieben überhaupt Datenschutzschulungen durchgeführt und Datenschutzbeauftragte mit zu wenig Mitteln ausgestattet.

 

Arbeitnehmerrechte durchsetzen

 

Die Bundesregierung hat angekündigt, den Beschäftigtendatenschutz zu stärken. Ihre bisher veröffentlichten Entwürfe zeigen aber: Sie hält weder ein eigenes Gesetz mit klaren Regelungen für nötig, noch tut sie etwas, um Verstöße gegen aktuelle Datenschutzvorschriften konsequenter und härter zu ahnden. Ganz im Gegenteil: Sie stärkt die Zugriffsrechte der Arbeitgeber und deren Kontrollmöglichkeiten. Unübersichtliche Vorschriften oder das Wissen, bei Verstößen kaum bestraft zu werden, werden nach diesem Modell weiter zum schluderigen Umgang mit den Rechten der eigenen Mitarbeiter beitragen. Erschwerend kommt hinzu, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am kürzeren Hebel sitzen und aus Angst um ihren Arbeitsplatz lieber schweigen, als Missstände aufzuzeigen. Hier sind dringend klare Bestimmungen erforderlich, die das Ungleichgewicht zwischen Unternehmen und Angestellten berücksichtigen und letztere in die Lage versetzen, ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung auch am Arbeitsplatz durchsetzen zu können. Weil der Datenschutz am Arbeitsplatz völlig vernachlässigt wird und sich alle Regierungen seit Jahrzehnten weigern, die Daten von Beschäftigten in einem eigenen Gesetz zu schützen, fordert die Fraktion DIE LINKE seit langem ein Schutzgesetz für die Daten der Beschäftigten. Dieses Gesetz soll die besondere Abhängigkeit von Beschäftigten in Betrieb und Unternehmen berücksichtigen, die Beschäftigten gegen Überwachung am Arbeitsplatz schützen und mehr Demokratie in die Betriebe bringen. Die Fraktion DIE LINKE hat dem Bundestag einen umfangreichen Antrag vorgelegt, der die Regierung auffordert, mit einem eigenständigen Gesetz, das informationelle Selbstbestimmungsrecht von Beschäftigten (und dazu zählen selbstverständlich auch Praktikantinnen und Praktikanten) vor, während und nach Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zu schützen und sicher zu stellen, dass alle persönlichen Daten nur zu dem ursprünglichen Zweck verwendet werden (Zweckbindung) und nicht zweitverwertet werden dürfen.

 

Wir fordern ein Gesetz, das

  • für alle gilt, die in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt sind, für Telearbeiter und -arbeiterinnen genauso wie für Auszubildende und Praktikantinnen und Praktikanten,
  • die Zwecke der Datenerfassung vor deren Erhebung und Speicherung unveränderlich festlegt,
  • sensible Daten wie zur physischen und psychischen Gesundheit besonders schützt und die Verwendung biometrischer Daten auf ein absolutes Mindestmaß beschränkt,
  • Bewerberdaten schützt und deren Löschung bei Nichteinstellung vorschreibt,
  • die Überwachung von Internet- und anderen Kommunikationsmitteln beschränkt sowie die Verwendung von so genannten Keyloggern und Screenshots zur Kontrolle individueller Aktivitäten verbietet,
  • die Videoüberwachung verbietet,
  • die betrieblichen Datenschutzbeauftragten stärkt und die Rolle von Betriebs- und Personalräten datenschutzrechtlich regelt.

 

Grundrechte und Demokratie müssen endlich an jedem Arbeitsplatz gelten. Sie dürfen weder der Willkür von Arbeitgebern überlassen noch unternehmerischen Interessen untergeordnet werden. Das Wissen über die Speicherung und Verwendung der eigenen Daten ist Voraussetzung für selbstbestimmtes Handeln von Bürgerinnen und Bürgern und somit Grundvoraussetzung für eine demokratische Gesellschaft. Damit der Datenschutz nicht am Werkstor endet, ist ein Arbeitnehmerdatenschutzgesetz unverzichtbar, welches Mitbestimmung und die Achtung der Persönlichkeitsrechte gewährt.

 

Mehr Informationen gibt es bei folgenden Verbänden:

 

Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit

www.bfdi.bund.de

Verbraucherzentrale Bundesverband

www.vzbv.de

Deutsche Vereinigung für Datenschutz e. V.

www.datenschutzverein.de

Berufsverband der Datenschutzbeauftragen

Deutschlands e. V.

www.bvdnet.de

Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft
www.verdi.de

Redaktionsschluss: 24. Juni 2010