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Das Dunkle hinter der Maske

erschienen in Lotta, Ausgabe 7,

Die European Union Agency for fundamental Rights befragte 42 000 Frauen in den 28 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union nach ihren Gewalterfahrungen. Die Ergebnisse sind erschreckend. Laut Studie erfuhren 33 Prozent der Frauen seit ihrem 15. Lebensjahr körperliche und/oder sexuelle Gewalt beziehungsweise sexuelle Belästigungen in der Öffentlichkeit, am Arbeitsplatz und im häuslichen Umfeld. In Zahlen ausgedrückt sind das 62 Millionen Frauen. Eine von 20 Frauen (5 Prozent) wurde seit ihrem 15. Lebensjahr vergewaltigt. Rund 12 Prozent der Frauen gaben an, dass sie eine Form des sexuellen Missbrauchs oder Übergriffs durch einen Erwachsenen oder eine Erwachsenen erleiden musste. Das entspricht in etwa 21 Millionen Frauen. 30 Prozent der Frauen, die in ihren Partnerschaften sexuelle Gewalt erlebt haben, waren bereits in ihrer Kindheit Opfer einer solchen Tat. Weitere 10 Prozent der befragten Frauen sagten, sie hätten sexuelle Übergriffe in der Kindheit erdulden müssen, seien im Erwachsenenalter jedoch nicht mehr damit konfrontiert. Etwas mehr als die Hälfte aller in der EU lebenden Frauen (53 Prozent) meidet temporär aus Angst vor körperlichen oder sexuellen Angriffen bestimmte Situationen oder Orte.

Die Studie verdeutlicht, dass in fast allen europäischen Mitgliedsstaaten in ungenügender Weise Daten über die verschiedenen Formen von Gewalt gegen Frauen erhoben werden. Eine Forderung der Wissenschaftler lautet deshalb auch, politische Maßnahmen und nationale Aktionspläne zu entwickeln, die sich an den Daten und den unmittelbaren Gewalterfahrungen der Frauen orientieren. Zugleich sollten die Rechte der Opfer gestärkt und die Schutz- und Hilfseinrichtungen dauerhaft finanziell abgesichert werden.

Bezogen auf die letzte Forderung besteht in Deutschland dringender Handlungsbedarf. Seit Jahren fordert DIE LINKE eine bundesweit einheitliche Finanzierung der Schutz- und Hilfseinrichtungen. Der Lagebericht dazu aus dem Jahre 2012 dokumentiert das löchrige System. Die Schutz- und Hilfsmöglichkeiten sind in der Regel chronisch unterfinanziert. Die Bundesregierung muss ihrer staatlichen Verantwortung nachkommen und den Rechtsanspruch auf Schutz gesetzlich verankern. Dazu zählt, dass die Finanzierung keine freiwillige und schon gar keine Leistung „nach Kassenlage“ sein darf,  sondern ein verlässliches staatliches Angebot.

Irina Modrow