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Damenwahl für Leipzig

Von Barbara Höll, erschienen in Lotta, Ausgabe 3,

Barbara Höll ist Bundestagsabgeordnete, Finanz- und Steuerexpertin und Leipzigerin mit Leib und Seele. Jetzt will sie in ihrer Heimatstadt Oberbürgermeisterin werden.

Im altehrwürdigen Leipziger Rathaus tagt die Ratsversammlung. Mittendrin Barbara Höll, die Bundestagsabgeordnete der Fraktion DIE LINKE. Sie müsste dort nicht sein, will es aber. Freiwillig und wann immer ihre bundespolitische Arbeit es zulässt. Sie hört zu, macht Notizen, registriert das Für und Wider kommunalpolitischer Entscheidungen. Rederecht hat sie nicht. Noch nicht! Heute geht es um Kitaplätze, um Wartelisten, um Klagen von Eltern gegen die Stadt. Dann steht ein bundesweites Thema auf der Tagesordnung. Die Stadtfraktion DIE LINKE – sie ist nach der CDU mit 17 Abgeordneten die zweitstärkste Fraktion im Kommunalparlament – hatte den Antrag gestellt, Leipzig solle sich dem Bündnis „Vermögensteuer jetzt“ anschließen. Heftige Wortgefechte folgen: „Nichts als Ideologie“, „eine Ablehnung wäre verheerend“, „es geht um Gerechtigkeit und Solidarität“. Der Antrag wird angenommen. Ein Erfolg für DIE LINKE. Barbara Höll, die Finanz- und Steuerexpertin, freut sich.

Denn Werte wie Solidarität, Gerechtigkeit, der Zusammenhalt der Menschen stehen bei ihr ganz oben auf der Agenda. Was kaum jemand weiß: Leipzig hat als Armutsstadt bundesweit eine traurige Berühmtheit erlangt. Das monatliche Nettoeinkommen der Leipziger Bevölkerung beträgt aktuell 1 066 Euro. Männer verdienen 1 162 Euro, Frauen 964 Euro. Damit liegen die Leipziger deutlich unter dem sächsischen und weit unter dem Bundesdurchschnitt. Im Juli waren über 30 000 Menschen offiziell arbeitslos gemeldet. Das ist Sachsens höchste Arbeitslosenquote. Dazu kommt: Jedes dritte Kind in Leipzig wächst in Armut auf.

Am Abend ist Barbara Höll wieder mittendrin, im Bürgerhaus im Leipziger Bezirk Schönefeld. Diesmal im Dialog mit Frauen und Männern. Das ist, was ihr als Oberbürgermeisterin vorschwebt: offene und öffentliche Gespräche. Die 54-Jährige lebt seit über 30 Jahren in Leipzig, sie ist alleinerziehende Mutter und mit der Mentalität der Menschen vertraut. Die wiederum schenkten ihr schon oft Vertrauen. Das erste Mal im Jahr 1990. Da wurde sie in den Bundestag gewählt. Damals noch in Bonn. Im Berliner Bundesparlament steht der Name Barbara Höll inzwischen für Kompetenz und Sachlichkeit, wenn es um Wirtschaft, Arbeit, Finanzen und Steuern geht. Sechs Bewerber – fünf Männer, eine Frau – kandidieren für das Oberbürgermeisteramt. Als der Abend nach etwa drei Stunden miteinander Redens zu Ende geht, meint Barbara Höll freundlich: „Vielleicht haben Sie ja Mut zur Damenwahl.“