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CDU und SPD verhindern gesetzlichen Mindestlohn

Von Dietmar Bartsch, erschienen in Clara, Ausgabe 26,

Thüringen hat eine Bundesratsinitiative für einen gesetzlichen Mindestlohn gestartet. Doch die SPD schweigt in der Debatte und verweist den Gesetzentwurf in die Ausschüsse des Bundesrats

Im September hat der Bundesrat erneut über einen Gesetzentwurf zur Festsetzung eines Mindestlohns diskutiert. Die Initiative stammt aus Thüringen, wo CDU und SPD regieren. Das Land Brandenburg, das von SPD und DIE LINKE geführt wird, hatte sich dem Antrag angeschlossen.

Dietmar Bartsch, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE, begrüßte die Bundesratsinitiative. Sie sei hilfreich, "weil sie das Thema des gesetzlichen Mindestlohns wieder auf die Tagesordnung des Bundestags" setzen könne. Entscheidet sich nämlich die Mehrheit im Bundesrat für einen gesetzlichen Mindestlohn, muss der Deutsche Bundestag über diesen Antrag abschließend abstimmen.

Im Bundesrat begründete die thüringische Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) den Gesetzentwurf. Es gebe Handlungsbedarf, "wenn Menschen in großer Zahl von ihrer Hände Arbeit in Vollzeit nicht leben können". Tatsächlich wächst der Niedriglohnsektor in Deutschland: Mehr als 20 Prozent der Beschäftigten sind davon betroffen, insgesamt mehr als 7,9 Millionen Menschen (siehe Grafiken).

Über die notwendige Höhe eines Mindestlohns schwieg sich die Ministerpräsidentin jedoch aus. "Es ist nicht Sache der Politik, einen politischen Mindestlohn festzusetzen", sagte sie. Das sei Aufgabe der Tarifpartner, also der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände.

SPD schweigt

Auch der hessische Ministerpräsident Bouffier (CDU) sprach sich im Bundesrat gegen die "politische Festsetzung des Mindestlohns" aus. Spöttisch fügte er hinzu, der gesetzliche Mindestlohn, wie er von SPD und Grünen diskutiert werde, tauge nicht im Kampf gegen den Niedriglohnsektor. Er verwies auf die offizielle Niedriglohnschwelle von 10,36 Euro und schlussfolgerte: "Die in der politischen Diskussion von SPD und Grünen immer wieder genannten 8,50 Euro würden an dem Anteil des Niedriglohnsektors überhaupt nichts verändern." In seiner Rede stellte Bouffier außerdem klar, dass sein Bundesland Hessen einen einheitlichen, flächendeckenden Mindestlohn ablehnen werde. Man dürfe Arbeit "nicht noch teurer machen", sagte er und suggerierte, dass die Löhne seiner Meinung nach bereits heute zu hoch seien.

Bemerkenswert war der Auftritt der Bundesratsmitglieder von der SPD. Er fand nämlich nicht statt. Nicht ein einziges SPD-Mitglied ergriff in der Debatte das Wort, um sich für den gesetzlichen Mindestlohn einzusetzen. Vor der Sitzung hatte der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck (SPD), den Antrag als "ziemlich blass gewaschenen Kompromiss" bezeichnet und auf eine Lohnuntergrenze von 8,50 Euro gepocht.

Das Ergebnis dieses Parteienzanks ist enttäuschend für Millionen Menschen. Die CDU weigert sich, die Höhe des Mindestlohns festzulegen; die SPD besteht auf einer Mindestlohnhöhe weit unterhalb der Niedriglohnschwelle: Der Antrag der schwarz-roten Koalition aus Thüringen wurde schließlich in die Ausschüsse des Bundesrats verwiesen, wo er seitdem ergebnislos beraten wird.

Für DIE LINKE bekräftigte Dietmar Bartsch, dass sich seine Fraktion in jedem Fall weiterhin für einen Mindestlohn von mindestens zehn Euro pro Stunde einsetzen werde.