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Aufstieg und Fall der Gabriele Pauli

erschienen in Querblick, Ausgabe 6,

Im November 2007 hat die stets rechts der Mitte operierende CSU erstmals eine Frau zur Generalsekretärin gekürt. Viele Beobachter munkelten, der neue Parteichef Erwin Huber habe sich nur deswegen für die bis dahin völlig unauffällige Landtagsabgeordnete Christine Haderthauer entschieden, weil sie ein apartes Äußeres aufweise. Am Tag der hessischen Landtagswahl (27. Januar 2008) wurde Haderthauer in der »Welt am Sonntag« gefragt:
»Heute Abend sitzen Sie als einzige Frau unter Männern in der Runde der Generalsekretäre und sollen den Deutschen die Wahlergebnisse erklären. Sind Sie aufgeregt?« Die ansonsten stockkonservative Bayerin erwiderte schlagfertig: »Einen Mann würden Sie das nicht fragen.«

Ebenfalls bezeichnend für den oft gnadenlosen Umgang der Medien mit Frauen in der Politik war ein weiteres Randereignis im Zusammenhang mit der Hessenwahl. Siegerin Andrea Ypsilanti gab ein Fernsehstatement ab.

Tagelang zeigten dann viele Sender, dass hinter der SPD-Politikerin ihr Lebensgefährte Klaus-Dieter Stork stand und scheinbar synchron die Lippen bewegte. Es setzte sofort die Spekulation ein, der Mann sei Ypsilantis Einflüsterer. »Bild« nannte Stork eine »fleischgewordene Teleprompter«. Ypsilanti war sich nicht zu schade, in der unsäglichen Talkshow von Johannes B. Kerner den Vorgang zu erklären: »Ich denke mal, dass er an dieser Stelle wirklich mit meinen Gedanken verschmolzen ist.« Das zeige, wie gut sie sich verstünden.

Tatsächlich belegen beide Vorgänge, dass selbst erfolgreichen Politikerinnen immer noch das Klischee umgehängt wird, zwar »ansehnlich«, aber zugleich geistig etwas beschränkt zu sein.

Eine, die dieses Klischee freiwillig bedient hat, war die sogenannte »CSU-Rebellin« Gabriele Pauli. Als Landrätin im mittelfränkischen Fürth entsprach sie nach zwei Scheidungen nicht mehr dem traditionellen Frauenbild im ländlichen Bayern. Die Staatskanzlei des damaligen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber ließ Frau Pauli bespitzeln, um ihr wegen Männerbekanntschaften oder Alkoholproblemen »etwas anhängen« zu können, was Pauli öffentlich machte. Die Gegenwehr der streitbaren Landrätin führte zu Stoibers Rücktritt. Mit ihrer Forderung nach mehr innerparteilicher Demokratie war die Landrätin nahe daran, verkrustete Parteistrukturen aufzubrechen.

Die attraktive Rothaarige wurde aber von den Medien alsbald nicht mehr wegen ihrer (insgesamt tatsächlich wenig fundierten) politischen Meinungen wahrgenommen, sondern vor allem aufgrund ihrer »weiblichen Reize«. Pauli war entweder zu naiv, um zu erkennen, dass sie damit auf ein Abstellgleis gedrängt wurde, oder sie überschätzte sich und glaubte, sie könne es steuern, Klischees zu bedienen und damit zu spielen. Jedenfalls erfüllte sie willig den Wunsch, sich als Sexualobjekt darstellen zu lassen. Am 28. März 2007 erschienen im Magazin »Park Avenue« Fotos der CSU-Politikerin aus einem »Shooting« in verschiedenen Posen. Aufnahmen Paulis mit Latexhandschuhen wurden in der Öffentlichkeit als »Domina«-ähnlich empfunden.

Dieser Vorlauf genügte, um Pauli als unseriös zu klassifizieren. Ihr Vorschlag, Ehen sollten von vorneherein auf sieben Jahre befristet werden, erschien vielen nicht mehr als originell, sondern als weiteres Glied in einer Reihe von Peinlichkeiten. Pauli hatte die Geschehnisse nicht mehr im Griff. Ihre Kandidatur zur CSU-Vorsitzenden endete sang- und klanglos mit einem Stimmenanteil von 2,5 Prozent.

Vollends unmöglich machte sich Pauli, als sie ihre Trennung von der CSU in einem Interview gegen Honorar im Hochglanzmagazin »Vanity Fair« bekanntgab. Die Zeitschrift bestimmte dabei den Zeitpunkt des Parteiaustritts. Über Pauli wurde kolportiert, dass sie die Bereitschaft erklärt habe, den Inhalt von Interviews von der Höhe der Zahlungen abhängig zu machen: je höher das Honorar, desto deftiger die Aussagen über ihre ehemaligen Parteifreunde.

Somit blieb am Ende die Erkenntnis: Wenn sich Frau als Politikerin willig in die Rolle des Objekts von Männerfantasien begibt, betritt sie ein Glatteis, auf dem Frau schon sehr standfest sein muss, um nicht auszurutschen.
Ulla Jelpke, MdB, Innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion