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Altem Virus keine neuen Chancen geben

erschienen in Querblick, Ausgabe 17,

Mehr als 25 Jahre HIV-Prävention – Ein Leben mit der Infektion

1981 stand die Welt vor einem Rätsel: In Los Angeles wurde erstmalig bei fünf jungen Männern eine seltene Form der Lungenentzündung fest
gestellt. Normalerweise passiert das nur bei Patientinnen und Patienten mit stark geschwächtem Immunsystem. 1982 erhielt die Krankheit einen Namen: Aids. Diese vier Buchstaben verbreiteten wie die Pest im Mittelalter Angst und Schrecken. Wer von Aids damals betroffen war, galt als sicherer Todeskandidat.1985 wurden in Berlin die ersten Aids-Patientinnen und -Patienten im Auguste-Viktoria-Klinikum auf zwei Spezialstationen behandelt.

Die Schwere der unheilbaren Krankheit macht Aids nach wie 
 vor zu einer großen medizinischen Herausforderung.

Im weltweiten Vergleich bewegen sich heute die HIV-Infektionszahlen in Deutschland auf einem niedrigen Niveau. Dies ist unbestritten eine unmittelbare Folge der vor 25 Jahren begonnenen Anstrengungen der Prävention auf nationaler, regionaler und kommunaler Ebene. HIV bleibt eine schwere Infektion, hat aber an Schrecken verloren. Eine HIV-Infektion ist keine schnell tödliche Krankheit mehr, sondern eine behandelbare chronische Erkrankung mit einer Lebenserwartung von etwa 40 Jahren ab dem Infektionszeitpunkt. Etwa 80 000 Menschen leben bundesweit mit der Infektion.

Entwarnung kann dennoch nicht gegeben werden. Die Anzahl neu diagnostizierter HIV-Infektionen in Berlin lag im Jahr 2001 bei 200 Fällen. 2009 gab es 440 Neuinfektionen. Über 70 Prozent dieser Neuinfektionen wurden bei bisexuellen und schwulen Männern festgestellt.

Um den veränderten Anforderungen an die Präventionsarbeit Rechnung 
zu tragen, hat die Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz das Rahmenkonzept zur Prävention von HIV/Aids, sexuell übertragbaren Infektionen und Hepatitisinfektionen in Berlin entwickelt. Das Konzept wurde in Abstimmung mit freien Trägern, 
dem Paritätischen Wohlfahrtsverband und Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes erstellt. Es verpflichtet das Land Berlin zu einer verstärkten Präventionsarbeit und Aufklärung, um HIV-Neuinfektionen zu verhindern. Die Gesellschaft muss Menschen mit HIV/Aids mehr akzeptieren und sie solidarisch integrieren. Außerdem sollen sich nach dem Willen der Landesregierung für Menschen mit derartigen Infektionen die Erwerbsbedingungen verbessern.

Männer, die Sex mit Männern haben, Frauen in der Sexarbeit, Menschen mit riskantem Drogenkonsum, Menschen in Haftanstalten sowie Menschen aus Ländern, in denen 
HIV und Aids besonders verbreitet sind, stehen mit erhöhtem Infektionsrisiko besonders im Fokus. Das Konzept berücksichtigt auch Menschen, die bereits mit HIV und/oder einer chronischen Hepatitis infiziert sind. Mit dem Berliner Rahmenkonzept soll den HIV/Aids-Erkrankten auch 25 Jahre nach dem Start einer erfolgreichen Prävention eine bessere, würdevolle Versorgung angeboten werden. Nicht zuletzt geht es darum, die Betroffenen solidarisch in das alltägliche Leben zu integrieren.

 

Von Katrin Lompscher, 
Senatorin für Gesundheit, 
Umwelt und Verbraucherschutz