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Untersuchungsausschuss zeigt: Mehr parlamentarische Kontrolle notwendig

Pressemitteilung von Paul Schäfer,

Zum Abschluss der Arbeit des Untersuchungsausschuss „Murat Kurnaz vs. Soldaten des Kommandos Spezialkräfte“ erklärt der Berichterstatter der Fraktion Die LINKE, Paul Schäfer:

Es war richtig, dass sich der Verteidigungsausschuss als Untersuchungsausschuss intensiv damit befasst hat, was das KSK tatsächlich in Afghanistan im Jahre 2002 gemacht hat. Damit sollte nachgeholt werden, was der Bundestag damals versäumt hat: Parlamentarische Kontrolle der Streitkräfte. Das konnte nur zum Teil gelingen, noch verbleibt manches über die tatsächlichen Einsätze des KSK im Dunkeln. Dafür hat die Regierungsmehrheit schon bei der Definition des Untersuchungsauftrages gesorgt. Die Arbeit des Untersuchungsausschusses wurde vor allem am Ende durch Versuche des Bundesministeriums der Verteidigung, möglichst viele Dinge unter Verschluss zu halten, beeinträchtigt. Dazu kam die „Datenvernichtungsaffäre“, deren Ausmaß bis heute unklar ist.

Für DIE LINKE ergeben sich vier Schlussfolgerungen, die in einem Sondervotum niedergelegt wurden:

Die Vorwürfe des in Kandahar und anschließend in Guantanamo gefangen gehaltenen Bremers Murat Kurnaz gegen Kommandosoldaten sehen wir bestätigt. Die Glaubwürdigkeit des Zeugen Kurnaz auf der einen Seite, die verblüffend großen Gedächtnislücken und die unschwer zu erkennenden Schutzbehauptungen der im Ausschuss vernommenen KSK-Soldaten auf der anderen Seite sowie die Bewertung der vorliegenden Indizien, legen eine solche Beurteilung nahe.

Deutsche Soldaten haben bei ihrem Wachdienst im Gefangenenlager Kandahar gegen Recht und Gesetz verstoßen bzw. haben unterlassen, auf Verletzungen des Völkerrechts aufmerksam zu machen. Dass Gefangene sich einer brutalen Einweisungsprozedur unterziehen mussten, bei -10 Grad im Freien gehalten und systematisch am Einschlafen gehindert wurden, war für die KSKler kein besonderes Ereignis. Ob es eine eindeutige Unterweisung der Kommandosoldaten im humanitären Völkerrecht gegeben hat, konnte nicht eindeutig aufgeklärt werden, an konkreter Sensibilität und dem nötigen Verantwortungsbewusstsein hat es allemal gefehlt. Dass dabei die von oben verkündete „uneingeschränkte Solidarität mit den USA“ bis nach unten - auf die Ebene der einzelnen Soldaten - durchschlug, war offenkundig.

Derselbe Grund war es, der dazu führte, dass es die politische und die militärische Führung der Bundeswehr mit dem Völkerrecht nicht so genau nahm. Die Soldaten wurden ohne klare rechtliche Grundlage in den Einsatz geschickt. Mit der Festlegung, dass Gefangene den USA zu überstellen seien, glaubte man, sich aller heiklen Fragen entledigt zu haben. Dieser Vorgang lässt sich nur als vorsätzliche Verantwortungslosigkeit bezeichnen. Es hat fünf Jahre gedauert, bis die Bundesregierung die Frage eines menschenrechtlich einwandfreien Umgangs mit Gefangenen per Weisung geklärt hat.

Die Konsequenz aus dem Untersuchungsausschuss lautet, dass die Informationspflicht der Bundesregierung gegenüber dem Bundestag gemäß § 6 des Parlamentsbeteiligungsgesetzes konsequent umgesetzt werden muss. Dem Bundestag und nicht einem exklusiven Kreis der Abgeordneten müssen alle nötigen Informationen über KSK-Einsätze zukommen, substanzielle Berichte zur Auswertung dieser Einsätze und deren Erörterung im Parlament sind unverzichtbar. Schließlich: Die Spezialkräfte als besonders exponiertes militärinterventionistisches Instrument sollten aufgelöst werden.