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Türkische Parlamentswahlen verkommen zur Farce

Pressemitteilung von Norman Paech,

Zu den verschärften Zulassungsbedingungen unabhängiger Kandidaten bei den türkischen Parlamentswahlen, erklärt der außenpolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE, Norman Paech:

Mit einer Verfassungsreform haben alle Parteien des türkischen Parlaments eine weitere Hürde beschlossen, einen Einzug der überwiegend kurdischen unabhängigen Kandidaten ins Parlament zu vereiteln.

Bislang hatte die 10% Hürde dafür gesorgt, einen Einzug kleinerer Parteien ins Parlament zu verhindern. Nachdem die kurdische "Partei für eine demokratische Gesellschaft" DTP Anfang Mai verkündete, nicht als Partei, sondern mit unabhängigen Kandidaten anzutreten, reagierten Regierung und Parlament schnell mit einer Gesetzesvorlage, die Staatspräsident Necdet Sezer mit seiner Unterzeichnung nun in Kraft setzte. Sie verbietet den unabhängigen Kandidaten eigene Stimmzettel und zwingt sie, sich den Wahlzettel mit allen antretenden Parteien zu teilen. Somit ist es den unabhängigen Kandidaten verwehrt, vor den Wahllokalen Stimmzettel mit ihren Namen an die Wählerinnen und Wähler zu verteilen. Gerade in den kurdischen Gebieten gibt es viele Analphabeten. Von nun an werden diese unübersichtliche und verwirrende Wahlzettel in Händen halten, auf denen sie "ihre" Kandidaten, so das Kalkül der Allianz aus Regierung und Opposition im Parlament, nicht mehr finden.

Währenddessen gehen die Verhaftungen von DTP-Mitgliedern ungehindert weiter. Mittlerweile wird von bis zu 700 Festnahmen ausgegangen. Hinzu kommen zahlreiche Verbote der politischen Betätigung von prominenten kurdischen Politikerinnen und Politiker.

Die Parlamentswahlen verkommen damit schon im Vorfeld zur absoluten Farce.
Schon die 10% Hürde ist nach europäischen Verfassungsstandards eine untragbare Wahlbehinderung. Die jetzige Verfassungsreform ist ein weiterer grober Verstoß gegen die "Kopenhagener Kriterien" für den Beitritt der Türkei zur EU.

Umso dringender ist die Bundesregierung aufgefordert, die türkische Regierung eindringlich auf diese schwerwiegenden Verstöße hinzuweisen und sich für eine internationale Wahlbeobachtungsmission einzusetzen.