Zu der heutigen Sonderkonferenz der Landesjustizminister von Union und FDP, die über eine Verschärfung des Jugendstrafrechts beraten, erklärt Wolfgang Nešković, rechtspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag:
Schärfere Gesetze führen nicht automatisch zu höheren Strafen. Wer das Jugendstrafrecht pauschal verschärfen will, der übersieht offenbar, dass nicht der Gesetzgeber die Strafe im konkreten Fall festlegt, sondern die Jugendgerichte in richterlicher Unabhängigkeit. Die Gerichte verhängen aber nur selten die Höchststrafe. Von über 100.000 Angeklagten wurden nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Jahre 2006 bundesweit nur 91 Angeklagte zur höchsten Strafkategorie von fünf bis zehn Jahren verurteilt. Von den Heranwachsenden verbüßten nur vier Täter die Höchststrafe. Ein schärferes Jugendstrafrecht wäre also gemessen an der heutigen Strafzumessungspraxis völlig wirkungslos.Die Jugendgerichte sind sich ihrer Verantwortung bewusst. Sie nutzen das ausdifferenzierte Instrumentarium, um den Jugendlichen und Heranwachsenden zu helfen. Wollte die Politik ihren Anteil beisteuern, so müsste sie zunächst einmal den Rotstift in der Bildungs- und Sozialpolitik weglegen. Was Jugendliche brauchen, sind Bildungschancen, Kulturangebote, Ausbildungsplätze und Zuwendung. Denn: Die beste Kriminalpolitik war schon immer gute Bildungs- und Sozialpolitik.
Dass sich hier die Justizpolitiker und nicht die Bildungs- und Sozialpolitiker treffen, ist also schon der erste falsche Schritt.