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Koalitionsvertrag: Ein Bekenntnis zum Militär in der Außenpolitik

Pressemitteilung von Norman Paech,

Zum außenpolitischen Teil des Koalitionsvertrages zwischen CDU, CSU und SPD, erklärt der außenpolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE, Norman Paech:

"Der gestern von CDU, CSU und SPD gebilligte Koalitionsvertrag ist die Fortschreibung des von der rot-grünen Regierung seit 1998 eingeschlagenen Kurses, allerdings mit einem noch deutlicheren Bekenntnis zur weiteren Militarisierung und Entdemokratisierung der deutschen Außenpolitik. Neu ist der nun ganz unverhohlen reklamierte Anspruch auf Durchsetzung vermeintlicher "deutscher", "nationaler", "vitaler" oder "strategischer" Interessen - auch mit militärischen Mitteln.

Mit der Verpflichtung auf eine "kontinuierliche Weiterführung der Aufgaben der Bundeswehr" rückt die vom Grundgesetz vorgesehene Aufgabe der Landesverteidigung, die 2002 noch an erster Stelle stand, weiter in den Hintergrund. Die Bundeswehr soll als "Armee im Einsatz" nach dem Willen der schwarz-roten Koalition "im Sinne der außen- und sicherheitspolitischen Handlungsfähigkeit" Deutschlands eingesetzt werden. An erster Stelle wird die Bundeswehr nunmehr zu einem Instrument zur "internationalen Konfliktverhütung und Krisenintervention" - eine Aufgabenstellung, die sich weit vom Grundgesetz emanzipiert.

Für die Beteiligung des Bundestages an Entscheidungen über Einsätze der Bundeswehr kündigen die Koalitionspartner neue "Initiativen" an, "sollte sich im Lichte bisher gewonnener Erfahrungen ein Bedarf zur Weiterentwicklung ergeben". Das ist nicht anders zu verstehen, als dass Union und SPD das Mitspracherecht des Parlaments weiter einschränken wollen, kaum gibt es durch den Einzug der Fraktion DIE LINKE in den Deutschen Bundestag eine parlamentarische Opposition gegen die Militarisierung der Außenpolitik.

Aus der Erfahrung mit dem Irakkrieg, den deutlichen Drohungen der US-Regierung gegen Syrien und Iran scheinen Union und SPD nichts gelernt zu haben. Es ist nicht zu verstehen, wieso die Koalitionsparteien die Zusammenarbeit mit den USA als "besonders wichtig für ein gedeihliches Verhältnis zwischen der islamischen Welt und dem Westen" und bei der "Sicherung von Frieden und Stabilität im Nahen und Mittleren Osten" betrachten können. Gerade in dieser Region ist eine kritische Aufmerksamkeit gegenüber der US-Regierung notwendig. Leider enthält der Koalitionsvertrag keinen Hinweis auf eigene Initiativen in der Zukunft.

Die Koalitionsparteien haben offenbar nichts aus der Ablehnung des EU-Verfassungsvertrags in Frankreich und den Niederlanden gelernt. Trotz aller Kritik, auch in Deutschland, an den neoliberalen Vorgaben des Vertrages wollen Union und SPD sich für die Fortsetzung des Ratifizierungsprozesses einsetzen. Mit ihrem Bekenntnis zur "Europäischen Sicherheitsstrategie" und zum Aufbau europäischer Gefechtsverbände setzen sich die Koalitionsparteien auch über die Kritik an jenen Teilen des EU-Verfassungsvertrages hinweg, mit denen der Ausbau der Europäischen Union zur Militärmacht und die Pflicht der Mitgliedsstaaten zur qualitativen Aufrüstung festgeschrieben sollte.

Nach der Militarisierung der Außenpolitik steht nach dem Willen der Koalitionsparteien auch die Militarisierung der Innenpolitik bevor. Der Hinweis auf Initiativen der Koalitionsparteien -- "soweit für besondere Gefährdungen der Sicherheit unseres Landes gesetzlicher oder verfassungsmäßiger Regelungsbedarf besteht" - deutet auf ein Einknicken der SPD bei der Frage der Ausweitung der Bundeswehreinsätze im Inneren an.

Die Fraktion DIE LINKE begrüßt das verbale Eintreten für "Abrüstung" und speziell für "nukleare Abrüstung", vermisst in der Konsequenz allerdings eine Erklärung zum Abzug der verbliebenen US-Atomwaffen aus Deutschland und zum Ende der "nuklearen Teilhabe" innerhalb der Nato durch die aktive Vorbereitung vom Atomwaffeneinsatz durch Piloten und Kampfflugzeuge der Bundeswehr. Das Bekenntnis zur Abrüstung wird außerdem durch den Einsatz der Koalitionsparteien für den "Erhalt entsprechender industrieller Kernkompetenzen" in der deutschen Rüstungsindustrie, die offensichtlich auch den anhaltenden Rüstungsexport umfasst, unglaubwürdig. In Kontinuität ihrer Vorgänger verstehen die Koalitionsparteien unter Abrüstung offenbar immer nur die Abrüstung anderer Staaten."