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Armenischem Flüchtling droht Auslieferung an die Türkei

Pressemitteilung von Ulla Jelpke,

Zur drohenden Auslieferung eines armenischstämmigen Flüchtlings an die Türkei erklärt die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke:

Dem armenischstämmigem Flüchtling Hassan Atmaca droht unmittelbar die Auslieferung aus Deutschland an die Türkei.

Atmaca hatte sich in den 70er Jahren als Lehrer in den kurdischen Gebieten der Türkei aus Sympathie mit der örtlichen Bevölkerung der Arbeiterpartei Kurdistans PKK angeschlossen. Deswegen wurde er bereits nach dem türkischen Militärputsch von 1980 für acht Jahre im Militärgefängnis von Diyarbakir inhaftiert, wo er grausam misshandelt wurde.

Die türkische Justiz wirft ihm in ihrem Auslieferungsersuchen PKK-Aktivitäten in der osttürkischen Provinz Hakkari in den 90er Jahren vor. Zum fraglichen Zeitpunkt hielt sich Atmaca jedoch gar nicht in der Türkei auf. Vor seiner Flucht nach Deutschland vor einigen Jahren trennte er sich von der PKK.

Obwohl das türkische Auslieferungsersuchen in keiner Weise europäischen Rechtsstandards entspricht und die darin genannten Zeugen Atmaca eher ent- als belasten, hat das Oberlandesgericht Frankfurt dem Auslieferungsantrag zugestimmt. Das Darmstädter Verwaltungsgericht bescheinigte Atmaca abschiebungshindernde Gründe wie drohende Folter. Eine gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts gerichtete Verfassungsbeschwerde wurde allerdings nicht zugelassen.

In der Türkei erwarten Atmaca als Angehörigen der armenischen Minderheit und ehemaligem PKK-Aktivisten Folter und langjährige Haft. Angesichts der nationalistisch aufgeheizten Stimmung, die sich dieses Jahr bereits in den tödlichen Schüssen auf den wegen „Verunglimpfung des Türkentums“ verurteilten armenischen Journalisten Hrant Dink, und gerichtlichen Freisprüchen für staatliche Bombenleger äußerte, kann Atmaca kaum mit einem rechtsstaatlichen Verfahren rechnen.

Bislang wurden derartige Auslieferungsanträge der türkischen Justiz durch deutsche Oberlandesgerichte abgelehnt. Ich appelliere an die Bundesjustizministerin, die Auslieferung Atmacas zu verhindern. Es darf keinen Präzedenzfall mit möglicherweise lebensbedrohenden Folgen für den Betroffenen geben.