Alle Menschen, unabhängig von Alter, Lebenslage und Lebensverlauf, müssen ein gesetzlich und praktisch gesichertes Anrecht darauf haben, frei zu wählen, ob sie in der letzten Phase ihres Lebens zu Hause, im Hospiz oder in einer Pflegeeinrichtung ihren Bedürfnissen entsprechend palliativmedizinisch versorgt und palliativ gepflegt werden wollen.

Aber solange Sie die Leistungen der Pflegeversicherung nicht deutlich verbessern und eine Stärkung der professionellen Pflege vornehmen, so lange wird es auch keine individuelle Entscheidung über die Pflegebeziehungen - und zwar unabhängig vom Geldbeutel - geben.
Die Probleme in der Pflege sind uns allen bekannt. Der Gesetzentwurf aber, welchen wir heute erstmals im Bundestag debattieren - bei ihm wird im Titel recht vollmundig von einer "besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf gesprochen“ -, geht an einer wirklichen Lösung völlig vorbei.
Es darf nicht sein, dass aufgrund einer schlechten Versorgung, aufgrund von Schmerzen oder deshalb, weil kein Hospizplatz zur Verfügung steht, oder aus Angst davor, die Angehörigen durch hohe Pflegezuzahlungen finanziell zu belasten, nach einem assistierten Suizid verlangt wird.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!
Verehrter Herr Minister Gröhe, wie bewegt man sich, ohne wirklich von der Stelle zu kommen? Eine mögliche Antwort auf diese Frage liefert das sogenannte Pflegestärkungsgesetz; denn gemessen an den gravierenden Problemen, mit denen wir im Pflegebereich konfrontiert sind, und gemessen an den Zukunftsherausforderungen in diesem Bereich ist dieses Gesetz der berühmte Tropfen auf den heißen Stein.
Der pflegepolitische Leitsatz der großen Koalition ist leider: Ein weiter wie bisher! Die Bundesregierung packt die Probleme nicht an. Und Ihr sogenanntes Pflegestärkungsgesetz ist eine Mogelpackung.
Seit Herbst letzten Jahres legen sich in Deutschland in vielen Städten immer mehr Menschen samstags fünf vor zwölf auf die Straße und auf Plätze. Damit wollen sie zum Ausdruck bringen, dass in der Pflege hierzulande etwas nicht in Ordnung ist, dass die Pflege hierzulande am Boden liegt. Ich selber habe 15 Jahre im Pflegebereich gearbeitet und weiß genau: Sie legen sich auf die Straße für mehr Wertschätzung und Anerkennung ihrer Arbeit, für ein grundsätzlich anderes Verständnis von Pflege und für eine menschenwürdige Pflege.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, gute umfassende Pflege ist ein Menschenrecht. Sie haben die Verantwortung, dies auch zu gewährleisten. Handeln Sie endlich im Interesse der Pflegebedürftigen, ihrer Angehörigen und des Pflegepersonals.
Gute Pflege ist ein Menschenrecht, nur leider sind wir von der Verwirklichung dieses Menschenrechts sehr weit entfernt. Stattdessen gibt es eine Pflegemisere, und es besteht akuter politischer Handlungsbedarf, und zwar nicht nur hinsichtlich eines besorgniserregenden Mangels an Pflegekräften, nein, sondern auch mit Blick auf die wachsende soziale Ungerechtigkeit im Pflegesystem.
Herr Gesundheitsminister Gröhe, 2,5 Millionen Pflegebedürftige, deren Angehörige und das Pflegepersonal warten auf ganz konkrete Hilfe. Seit zehn Jahren werden Pflegereformen entwickelt und geprüft, weiterentwickelt und weitergeprüft. Zum großen Wurf ausgeholt haben schon einige; aber geschehen ist nicht viel.