Auch wenn die Zahl der Arbeitslosen zurückgegangen ist, darf das den Blick auf die Kehrseite der Medaille nicht verstellen. Seit dem Jahr 2000 stagnieren die Löhne. Fast 25% der abhängig Beschäftigten arbeiten im Niedriglohnbereich. Trotz der Deregulierung des Arbeitsmarktes, der sogenannten Arbeitsmarktreformen, ist es nicht zu mehr Beschäftigung bekommen: Das zeigt die stagnierende Zahl der geleisteten Arbeitsstunden. Das Eigenlob der Regierung ist völlig unangebracht. Die Kürzungspolitik der schwarz-gelben Regierung hat ein Feld arbeitsmarktpolitischer Verwüstung hinterlassen. Und die neue Bundesregierung hält in ihrem aktuellen Haushalt weiter daran fest.

Dass es nach acht Jahren Debatte nun endlich einen Mindestlohn geben wird, freut uns als Fraktion DIE LINKE sehr. Immerhin haben wir 2006 den ersten Mindestlohnantrag in den Bundestag eingebracht. Es ist eine Frage der Würde, von seinem Lohn leben zu können. Das unterstreicht auch Arbeitsministerin Nahles. Doch deshalb muss der Mindestlohn für alle Menschen gelten, keine Ausnahmen für Langzeitarbeitslose und Menschen unter 18 Jahren! Gleichzeitig muss ein Mindestlohn auch im Alter die Existenz sichern. Dafür hat er bei mindestens 10 Euro zu liegen.
Würde es im TTIP-Abkommen nur darum gehen, technische Standards zu vereinheitlichen, dann wären die Verhandlungen nicht geheim. Geheim sind sie, weil internationalen Konzernen über Konzernklagerechte gegenüber Staaten auf Kosten der Bevölkerung die Gewinne gesichert und weil soziale und demokratische Errungenschaften geopfert werden sollen. Doch die Strategie wird nicht aufgehen. Die Bürgerinnen und Bürger werden sich den Rechtsstaat nicht nehmen lassen.
Die privaten Bruttoinvestitionen haben von 2000 bis 2012 nur um 2,1 Prozent zugenommen, wogegen der Einkommenszuwachs der Unternehmen 31 Prozent betrug. Es ist ein Riesenproblem, wenn die Unternehmen - obwohl sie hervorragend verdienen - unzureichend investieren. Das heißt, sie horten die Kohle und spekulieren damit. Es braucht im Unternehmenssektor höhere Steuern, damit der Staat notwendige Investitionen tätigen kann. Leider hat die Bundesregierung keinen Mut, das Geld da zu holen, wo es ist.
Die wirtschaftliche Entwicklung geht an der Mehrheit der Menschen vorbei. Die Wirtschaft ist von 2000 auf 2013 um fast 14 Prozent gewachsen. Die Bruttolöhne- und gehälter je Beschäftigten aber sind um rund 2 Prozent gesunken. Auch die Europäische Kommission empfiehlt Maßnahmen zur Stärkung der Binnennachfrage. Doch die Bundesregierung nimmt diese Empfehlungen nicht wirklich ernst. Neue Ideen gegen prekäre Beschäftigung und ausbleibende Investitionen: Fehlanzeige! Die Maßnahmen der Bundesregierung werden weder zu einer ernsthaften Stärkung der Binnennachfrage führen, noch die exzessiven Leistungsbilanzüberschüsse abbauen.
Der gesetzliche Mindestlohn wird kommen. Das ist gut. Eine Sonderauswertung durch die Bundesagentur für Arbeit zeigt allerdings, dass bei einem Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde rund 41 Prozent (ca. 740 000 Personen) der alleinstehenden Hartz IV-Leistungsberechtigten rein rechnerisch weiterhin auf ergänzende Grundsicherungsleistungen angewiesen wären – selbst wenn sie einer Vollzeitbeschäftigung nachgingen. Weil der Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro bis zum Jahr 2018 zudem eingefroren bleibt, wird er spätestens dann für Millionen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zur Armutsfalle. Ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn kann aber nur den Lebensunterhalt sichern, wenn er mindestens 10 Euro Brutto pro Stunde beträgt.
Verbrechen werden bestraft - so sieht es das Strafrecht vor. Aber bei Steuerstraftaten gibt es eine Ausnahme: Hier können sich Betuchte von der Strafe freikaufen, unabhängig davon wie hoch sie sich auf Kosten der Allgemeinheit bereichert haben. Ermöglicht wird dies durch die Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige, gegebenenfalls ergänzt durch eine Geldzahlung für den Verzicht auf Strafverfolgung. DIE LINKE fordert die Abschaffung dieses Sonderrechts für Reiche.
Die Bundesregierung setzt alles daran, vorgeblich reuige reiche Steuersünder weiterhin ungeschoren davonkommen zu lassen. Ihr Argument: ohne die Möglichkeit der straffreien Selbstanzeige kämen viele Fälle gar nicht auf den Tisch. Das ist der falsche Ansatz. Der Anreiz, Steuern zu hinterziehen, muss minimiert werden. Dafür muss das Strafmaß abschrecken und das Risiko, entdeckt zu werden, steigen.
Wir haben eine Situation, in der die Wirtschaft zwar wächst, die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger von diesem Wachstum aber nicht profitiert. Das Bruttoinlandsprodukt ist von 2000 bis 2013 um knapp 15 Prozent gewachsen. Im selben Zeitraum sind die Löhne um nur knapp 1 Prozent gewachsen. Die Renten der langjährig Versicherten sind von 2000 bis 2012 im Westen real um 19 Prozent gesunken, im Osten um knapp 23 Prozent. Was Wirtschaftsminister Gabriel dagegen zu tun gedenkt, bleibt völlig offen.
Egal ob beim gesetzlichen Mindestlohn, bei der Regulierung der Leiharbeit oder bei der Missbrauchsbekämpfung von Werkverträgen: Das Ziel, die Würde der Menschen am Arbeitsmarkt wiederherzustellen, gelingt Schwarz-Rot mit ihrem Koalitionsvertrag nicht.