Zum Hauptinhalt springen

Zusammenarbeit mit China

Rede von Stefan Liebich,

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,

heute wird der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen im Parlament beerdigt. Nicht einmal erster Klasse, sondern mit Protokollreden und mitten in der Nacht.

Dabei ist das Thema enorm wichtig. Es geht um eine kohärente Strategie für die Beziehungen zu China. Wenn wir uns das Agieren der Bundesregierung in den letzten Jahren anschauen, aber auch die Arbeit der EU, dann kann man nur sagen: Mit einer gemeinsamen Politik hat das nichts zu tun, hier macht lieber jeder seins.

Letztes Beispiel ist die Frage der Zölle für Solarpanele. Gemeinsame Positionen der EU Fehlanzeige. Wer aber zukunftsfähig mit der VR China zusammenarbeiten möchte, der sollte zunächst wissen, was er oder sie will. Und das dann nachdrücklich und hartnäckig vertreten. China macht uns das vor.

Das hat wiederum damit zu tun, dass in China erkannt wurde: Beziehungen, Dialog, Austausch verlangen die Kenntnis der Sprache und der Kultur des Partners. In Europa meint man immer noch, mit ein wenig englisch werden wir im Zweifel schon klar kommen und warum sollten wir uns mit chinesischer Geschichte auseinandersetzen?

Ein zweiter Blick zeigt: Die VR China wird noch immer als Gegenüber verstanden, und nicht als ernsthafter Partner.

Dazu wird auf die Situation der Menschenrechte hingewiesen. Nur einen Moment später exportieren wir Waffen in den Nahen Osten. An Regime, deren demokratische Legitimation fragwürdig ist. Ich halte das für wenig glaubwürdig.

Der wirtschaftliche Aufschwung Chinas ist in der Tat atemberaubend und - auch wenn hierüber wenig gesprochen wird - es gibt bei Etlichen in der chinesischen Führung Sorgen über die zunehmende soziale Spaltung des Landes. Nicht nur das, sie versuchen auch gegenzusteuern. Gut so. Das Ziel von Deng Xiaoping war „Einigen Menschen soll es früher als anderen möglich sein, reich zu werden. Die KP Chinas wird eine Polarisierung der Gesellschaft jedoch nicht zulassen.“ Reich geworden sind mittlerweile manche. Nun muss auch der zweite Teil noch energischer in Angriff genommen werden.

Zugenommen haben aber auch Probleme, die eine rasante wirtschaftliche Entwicklung mit sich bringt: Umweltschäden zum Beispiel. Andererseits ist China, und der grüne Antrag verweist darauf, ein Land, das sich damit nicht nur konfrontiert sieht, sondern auch versucht gegenzusteuern. Hier, aber auch bei sozialen Standards, haben Deutschland und China gemeinsame Interessen. Doch wo ist die entschlossene Kooperation? Wieder Fehlanzeige!

Chinas Engagement in der Welt nimmt zu. Im eigenen Namen, aber auch in der internationalen Gemeinschaft. Und wieder schaut Europa, schaut Deutschland einfach nur zu. Kritik an den USA, die eine offensivere Strategie gegenüber China verfolgen, zum Beispiel durch Truppenverlagerungen, hört man nur sehr leise. Warum eigentlich? Wir erleben im pazifischen Raum ein beispielloses Wettrüsten. China investiert in seine Flotte, auch als Reaktion auf die Verlagerung größerer amerikanischer Flottenverbände in den Pazifik. Und China entwickelt, wen wundert es, nun auch eigene Drohnen und eigene Transportflugzeuge, um seine strategischen Fähigkeiten auszubauen.

Ist das in unserem Interesse? Ich meine, nein.

Wir brauchen, da legt der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen den Finger in die Wunde, eine konsistente Strategie für unsere Beziehungen zu China. Nicht nur als Bundesrepublik Deutschland, sondern auch als Europäische Union.

Wir müssen China nicht nur als Billigproduzenten und Absatzmarkt begreifen, sondern in der Tat als ebenbürtigen Partner in einer sich dramatisch verändernden Welt. Klimawandel und die Folgen der Globalisierung betreffen uns gleichermaßen und können nur gemeinsam beantwortet werden. Dazu ist Sensibilität und die Fähigkeit zum Zuhören von unschätzbarer Bedeutung.

Austausch, Ausbau des Verständnisses und der interkulturellen Kompetenz durch Sprache, Kultur und Geschichte sind gut und wichtig. Zusammenarbeit der Menschen in der Zivilgesellschaft ist zu fördern. Herausforderungen, wie gesellschaftlicher Wandel, Wertewandel und Klimawandel, zu beantworten. Das das von der Opposition beantragt wurde, wird es weggestimmt.

Allerdings: Die Fragen und Herausforderungen bleiben. Wenn wir uns ihnen nicht stellen, wird die Zeit über uns hinweggehen oder wie es Michail Gorbatschow formulierte: "Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben."

Die Rede zum Antrag von Bündnis 90/Die Grünen: "Zusammenarbeit mit China intensivieren - China-Kompetenzen in Deutschland ausbauen" wurde am 13. 06. 2013 zu Protokoll gegeben.