Zum Hauptinhalt springen

Zur Änderung des Abkommens zur Erhaltung der Kleinwale in der Nord- und Ostsee

Rede von Eva Bulling-Schröter,

Rede von Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE.) zum von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Abkommens zur Erhaltung der Kleinwale in der Nord- und Ostsee (Gesetz zur Ausweitung des ASCOBANS-Abkommensgebiets)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestern wurde ein toter Finnwal aus dem Hafenbecken von Warnemünde gezogen; Sie haben das sicherlich genauso verfolgt wie die Aktion von Greenpeace vor der japanischen Botschaft. Nun kommen Finnwale normalerweise nicht in der Ostsee vor. Auch woran er verendet ist, bleibt vorerst Spekulation. Dass es den Walen weltweit alles andere als gut geht, das wissen wir, darüber wurde hier schon breit diskutiert. Diese Einschätzung trifft auch auf die Kleinwale in den europäischen Gewässern zu. Das Abkommen zur Erhaltung der Kleinwale in Nord- und Ostsee, ASCOBANS, trägt dem seit einigen Jahren Rechnung. Hauptgefahrenquellen für Schweinswale sind weiterhin Fischereinetze, insbesondere Kiemennetze, wie sie für den Fang von Kabeljau, Lachs oder Steinbutt verwendet werden. Von diesen Netzen gibt es mehr als genug. Schließlich haben die EU-Fischereiminister entgegen allen wissenschaftlichen Empfehlungen gerade beschlossen, den Bestand an Kabeljau in Nord- und Ostsee über unsinnig hohe Fangquoten weiter zu dezimieren. Damit handelt die EU entgegen den Empfehlungen des Internationalen Rates für Meeresforschung. Auch wenn es ums Meer geht, steht Nachhaltigkeit in Europa nur auf dem Papier. Die kurzfristigen Interessen der Fischereiwirtschaft gehen vor. Ist es nicht grotesk, dass im Bürokratiemoloch Europa gerade dort die Politik völlig versagt, wo allein gesamteuropäisches Handeln die Fischbestände und auch die Einkommen der Fischer langfristig schützen müsste? Nun haben wir für die Kleinwale das ASCOBANSAbkommen. Das ist dem Inhalt nach begrüßenswert, verpflichtet völkerrechtlich allerdings zu nichts. Es werden mit ihm nicht einmal Walschutzgebiete festgesetzt. Die vorgesehene Erweiterung ist lediglich eine Erweiterung des Geltungsbereiches des Abkommens auf den Westatlantik und die Irische See. Im Wesentlichen geht es um wissenschaftliche Zusammenarbeit und um die Erstellung von Plänen, wie der Schutz von Kleinwalen umgesetzt werden soll. Zur Umsetzung können unter anderem Walschutzzonen gehören, beispielsweise solche, die Schleswig-Holstein eingerichtet hat. Im letzten Jahr hat das Land auch endlich die Stellnetzfischerei in dem Gebiet verboten. Allerdings müssen die deutschen Küstenfischer mit ansehen, wie die dänischen weiterhin fleißig Stellnetze auslegen, in denen nach wie vor Tausende Schweinswale grausam verenden. Herr Liebing, hier wäre die Koalition gefragt, tätig zu werden. Sie haben das ja auch angesprochen. Die Stellnetze haben zusammen eine Länge von mehreren Tausend Kilometern. Ein befreundeter Umweltschützer hat uns von Kontrollfahrten erzählt, auf denen Unmengen verendeter Tiere in den Netzen hingen, und das, obwohl Dänemark zu den Unterzeichner-staaten von ASCOBANS gehört. Die Norweger sind dem Abkommen gar nicht erst beigetreten. Zuverlässige Informationen über die Schweinswalbeifänge der norwegischen Kiemennetzflotte existieren praktisch leider nicht. Die Walschutzorganisation WCDS schätzt die maximale Höhe solcher Beifänge, die nicht die jeweilige Population gefährden, auf 1 Prozent des Bestandes. Real sind es jährlich aber schon circa 5 bis 6 Prozent. Das ist wesentlich zu viel. Mit anderen Worten: Irgendwann werden die Schweinswale auch in der Nord- und Ostsee genauso wie im Mittelmeer an den Rand der Ausrottung getrieben. Wenn das verhindert werden soll, dann muss die Bundesregierung im Rahmen von ASCOBANS konsequent dafür streiten, dass neben der Gebietsausdehnung auch die anderen neun im August 2003 beschlossenen Resolutionen der 4. Vertragsstaatenkonferenz umgesetzt werden. Die Verminderung der Beifänge steht dabei an allererster Stelle. Zudem müssen die chemischen und akustischen Verschmutzungen der Weltmeere drastisch sinken. Darüber haben wir im Bundestag schon oft gesprochen. Meiner Ansicht nach gehört auch das Verbot der militärischen Sonarortung dazu, die nachweislich schon vielen Walen das Leben gekostet hat. Es besteht also Handlungsbedarf. Es gibt so viel Einheit hier im Bundestag. Lassen Sie es uns angehen! (Beifall bei der LINKEN)