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Zum Haushalt 2009 des Auswärtigen Amtes

Rede von Michael Leutert,

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Außenminister, Sie haben soeben den G-8-Gipfel in Heiligendamm angesprochen. Auf diesem Gipfel wurde groß angekündigt, dass das Engagement in Afrika verstärkt und eine Afrika-Initiative ins Leben gerufen werden soll. Nun liegt uns heute der Etat vor, und wir können überprüfen, ob dies entsprechend in Zahlen umgesetzt wird. Tatsächlich gibt es einen Titel „Afrika-Initiative“, der mit 33 Millionen Euro untersetzt ist. Uns interessiert natürlich nicht nur, ob es diesen Titel gibt, sondern uns interessiert auch, wie dies umgesetzt wird, nach welchen Kriterien und nach welchen Schwerpunkten.

Man sollte annehmen, dass einer der Schwerpunkte - wir beobachten die Situation dort jetzt leider wieder in den Medien - die Demokratische Republik Kongo ist. Die katastrophale Lage dort ist bekannt. Somit müsste das Land Schwerpunkt sein. 2006 gab es in der Demokratischen Republik Kongo schon einen Militäreinsatz, an dem auch Deutschland mit 780 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr beteiligt gewesen ist. Immerhin 56 Millionen Euro sind damals ausgegeben worden. Zu diesem Einsatz gab es damals von den Koalitionsfraktionen einen Entschließungsantrag, der zwei Begründungen lieferte, warum man diesen Einsatz vollziehen sollte. Die erste Begründung ist eine humanitäre. Es wird von 4 Millionen Vertriebenen gesprochen. Von Gewalt und Flucht ist die Rede. Es wird von 20 Prozent der Kinder, die nicht das fünfte Lebensjahr erreichen, von 50 Prozent, die keine Schule besuchen, und von 10 Prozent Aidswaisen gesprochen. Das aber sind Gründe, die mit einem Militäreinsatz nicht zu verändern sind.

Sie sprechen aber als zweite Begründung sehr wohl eine geostrategische Bedeutung an. Ich zitiere: Die Demokratische Republik Kongo als drittgrößtes afrikanisches Land ist von strategischer Bedeutung … Kongo hat ein Drittel aller Kupfer- und ein Zehntel der Kobaltvorkommen, bei Coltan … sind es 80 Prozent. Daneben gibt es reiche Diamant- und Goldvorkommen.

Gebracht hat der Einsatz offensichtlich nicht viel, wie wir heute sehen können. Wieder sind im Ostkongo 250.000 Flüchtlinge zu verzeichnen. Der UN-Generalsekretär spricht derzeit von schwersten Menschenrechtsverletzungen, nicht nur durch Rebellengruppen, sondern auch durch Regierungstruppen. Im Spiegel-Interview mit Hans-Ulrich Klose ist sogar von einem Völkermord à la Ruanda die Rede.

Was passiert nun in der Öffentlichkeit? Das, was wir bisher kennen: Der Bundespräsident Horst Köhler fordert eine Verstärkung der Truppen im Kongo. Herr Außenminister, ehe Sie sich dieser Forderung anschließen, sagen wir von den Linken Ihnen, was wir Ihnen schon 2006 gesagt haben: Das ist der falsche Weg.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Frage hinsichtlich der humanitären Situation ist nämlich, was bis jetzt getan wurde. Da muss man als Antwort verzeichnen: nichts oder nicht viel. Ein Jahr nach dem Kongo-Einsatz 2007, an dem die Bundeswehr beteiligt war, sind die Mittel für finanzielle und technische Zusammenarbeit auf dem Stand null. Mittlerweile sind die Mittel wieder hochgefahren worden. Für nächstes Jahr sind insgesamt 28 Millionen Euro veranschlagt. Um das aber zu vergleichen: Für ganz Afrika wird vom BMZ 1 Milliarde Euro zur Verfügung gestellt. Nun ist natürlich die Frage: Was wird vom Auswärtigen Amt getan?

Ich hatte den Titel „Afrika-Initiative“ mit 33 Millionen Euro angesprochen. Leider müssen wir feststellen, dass im Mittelpunkt erstens die Stärkung der afrikanischen Sicherheitsarchitektur und zweitens der Ausbau der Fähigkeit afrikanischer Länder zum Einsatz in Friedensmissionen steht. 10,5 Millionen Euro der Mittel werden für den Aufbau der „African Standby Forces“, 15,5 Millionen Euro für den Polizeiaufbau und 7 Millionen für die Grenzsicherung ausgegeben. (Zuruf von der CDU/CSU: Ist das falsch?) Die Funktionsfähigkeit der Polizei der Demokratischen Republik Kongo wird extra benannt. Falsch ist, dass auch hier wieder nicht im zivilen Sektor investiert wird, sondern eben nur im Sicherheitssektor.

Um es deutlich zu sagen: Uns Linke interessiert - der Kongo ist jetzt das Beispiel -: Welche Strategie verfolgt die Bundesregierung und damit auch das Auswärtige Amt? Ist es entweder die Sicherheit zur Absicherung wirtschaftlicher Aktivitäten, also geostrategische Aspekte, oder ist es tatsächlich die Linderung des Leides in Afrika, also die nachhaltige Beendigung von humanitären Katastrophen? Die Zahlen, die ich hier genannt habe, sprechen eine eindeutige Sprache, nämlich zugunsten der geostrategischen Variante. Exakt dies lehnen wir ab. Deshalb können wir diesem Etat auch dieses Jahr wieder nicht zustimmen. Danke.

(Beifall bei der LINKEN)