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Zukunftskonzept für Absatzfond anstelle Diskussionen über seine Abschaffung

Rede von Kirsten Tackmann,

zu Protokoll gegebene Rede zum Gesetzentwurf von CDU/CSU und SPD "Gesetz zur Änderung des Absatzfondgesetzes und des Holzabsatzfondgesetzes", DS 16/4149

Sehr geehrte/r Frau/Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrte Gäste,

Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Absatzfondsgesetzes geht mit Eleganz an den eigentlichen Fragen zur Notwendigkeit und Struktur der CMA und ZMP vorbei. Herzlichen Glückwunsch!
Im Mai 2006 entschied das Verwaltungsgericht Köln, dass die Zwangsabgaben, die die Molkereien, Schlachthöfe, Mühlen usw. an den Absatzfonds abführen müssen, verfassungswidrig seien und überwiesen das Urteil an das Bundesverfassungsgericht zur Überprüfung.
In der Folge gab es eine Kampagne unter Landwirten. In direkten Schreiben wiesen sie die Schlachthöfe, Molkereien usw. darauf hin, gegebenenfalls die für die Zwangsabgabe abgezogenen Beiträge wieder zurückzufordern. Die Konsequenzen sind bekannt: Durch die erforderlichen finanziellen Rückstellungen kann die CMA und auch die ZMP nicht mehr in gewohnter Weise weiterarbeiten.
Die Bauern, die für ihre Rückforderungsoptionen die Briefe an die Verarbeitungsbetriebe geschrieben haben, waren allerdings vermutlich nicht diejenigen 1000 Landwirte, die in einer Umfrage des Bauernverbands während der Grünen Woche als große Befürworter der CMA vorgestellt wurden. Die Frage stellt sich: welcher Teil der Landwirtschaft stellt die Mehrheit dar?
Es waren immerhin so viele Landwirtinnen und Landwirte auf die Rechtslage hingewiesen hätten, um ihre eigenen Rechte zur Rückforderung zu wahren, um die CMA und die mit ihr verbundene ZMP in eine finanzielle Notlage zu bringen. Die zeitlich befristeten Stellen in den Institutionen wurden bereits gekündigt und einige der üblichen - allerdings auch nicht unumstrittenen - Kampagnen der CMA mussten auf Eis gelegt werden.
Das ist unbestritten eine schwierige Situation. Allerdings bleibt offen, ob der Schaden für die Absatzsituation inländischer Produkte wirklich so dramatisch ist, wie er beschrieben wird!
Der Absatzfonds existiert bereits seit 1969. Trotzdem ist bis heute durchaus umstritten, ob die durch ihn finanzierten Werbe- und Absatzkampagnen wirklich zu einem höheren Absatz einheimischer Produkte geführt haben. Zudem leben wir unterdessen in einem gerade auf dem Agrarsektor weitgehend harmonisierten europäischen Binnenmarkt mit offenen Grenzen. Und nach EU Recht darf unterdessen nicht mehr für staatlich, d. h. national abgegrenzte Produkte geworben werden! Die CMA haben das durchaus berücksichtigt, indem für Warengruppen wie Milch oder Fleisch ohne Kennzeichnung der nationalen Herkunft geworben wurde. Haben diese Marketingaktionen dann aber die beabsichtigte große Wirkung, dass es noch messbare Absatzvorteile für heimische Produkte gibt? Das bleibt zumindest umstritten. Tatsache ist, dass viele Betriebe offensichtlich die Arbeit des Absatzfonds nicht bemerken - außer bei den regelmäßigen Abzügen in den Lieferabrechnungen für Milch, Getreide oder Tiere.
Andererseits: Die CMA - Siegel erfreuen sich dabei bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern trotz der Präsenz über Jahrzehnte immer noch erstaunlicher Unbekanntheit! Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Absatzwerbung von Markenprodukten der Lebensmittelindustrie nichts mit der CMA - Werbung zu tun hat. Die Lebensmittelindustrie wirbt für sich und für ihre Produkte. Wie wir wissen, mit zum Teil großem Erfolg. Diese Werbung finanziert sie selbst und völlig freiwillig. Im Übrigen macht das auch jede Landwirtin oder Landwirt für die eigene Direktvermarktung oder für den eigenen Hofladen!
Die Freiwilligkeit ist dabei der große Knackpunkt, der auch vor dem Verfassungsgericht womöglich entscheidend ist. Landwirte, die über Verbandsproduktionen (z.B. Neuland oder Bioland) zum Teil noch erhebliche eigene Beiträge zum Marketing dieser Verbände zahlen, sehen erst Recht nicht ein, warum sie noch Zwangsbeiträge an eine so anonyme Institution wie die CMA zahlen sollen.
Aber: es gibt durchaus Tätigkeiten des Absatzfonds, die gerade aus heutiger Sicht als unverzichtbar erscheinen. So sind die Preismeldesysteme der ZMP für viele Betriebe eine wichtige Orientierungshilfe geworden. Auch für sich entwickelnde Marktbereiche wie der Biomarkt kann die ZMP viel zur Orientierung in der Preisfindung beitragen. Fragt man die Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter nach der CMA und ZMP kommt sofort und viel Positives über Nutzen, den die ZMP für Betriebe Leute bringt.
Aus unserer Sicht sollte es in der Diskussion der Gesetzesnovelle auch darum gehen, die CMA und ZMP zukunftsfähig zu machen. Das heißt eine Evaluation und dann Konzentration auf die Aufgaben, die aus der Sicht der beteiligten Beitragszahler sinnvoll und notwendig erscheinen. Die LINKE fordert ein Zukunftskonzept der CMA und ZMP, wobei vielleicht notwendige Umstrukturierungen natürlich sozialverträglich und unter Wahrung der Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vollzogen werden müssen. Dabei muss es auch darum gehen, dass die betroffenen Beitragszahlerinnen und Beitragszahler das Finanzierungssystem der Institutionen akzeptieren. Ein Auftrag, der in diesem Gesetzesentwurf der Regierung noch nicht im Ansatz aufgenommen wird!