Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuhörerinnen und Zuhörer! Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, mit 14 Milliarden Euro oder weniger einen Umbau des Verkehrssektors in Richtung mehr Komfort, mehr Lebensqualität und weniger Umweltzerstörung hinzubekommen. Leider habe ich vom Minister keinen einzigen Vorschlag dazu gehört. Ich möchte hier drei Vorschläge unterbreiten, wie so etwas möglich wäre; wir alle würden dabei sogar noch Geld sparen.
Erstens. Wir brauchen zusätzliches Geld für die Bahn. Wir müssen umsteuern, damit Bahnfahren komfortabler, preiswerter und überall zugänglich wird. Wir müssen zugleich dafür sorgen, dass die Lkw-Lawinen auf den Autobahnen abschmelzen und nicht weiter anwachsen, wie sich der Minister das vorstellt.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Dafür gibt es eine Idee, die nicht nur von mir hier vorgetragen wird – sie wurde vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen in die Diskussion eingebracht –: Wir verdoppeln die Einnahmen durch die Lkw-Maut, indem wir sie auf alle Straßen ausweiten, und lasten die Kosten, die durch den Lkw-Verkehr verursacht werden, vor allen Dingen im Bereich des Gesundheitswesens, denen an, die sie verursachen. Ich finde, das ist eine hervorragende Idee. Im Gegenzug – das ist das Charmante an dieser Idee – werden die Trassenpreise – das ist quasi die Maut für die Schienenwege – halbiert. Das würde bedeuten, dass die Länder viel mehr Schienennahverkehr bestellen könnten, weil die Preise für die bestellten Züge sinken würden. Das würde bedeuten, dass die Fahrpreise für die Reisenden sinken würden. Damit hätten wir zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.
(Gustav Herzog [SPD]: Aber Ihnen ist bekannt, dass es gegen EU-Recht verstößt, die Maut zu verdoppeln?)
– Nein, das verstößt nicht gegen EU-Recht, weil die EU explizit zulässt, dass deutlich mehr externe Kosten dem Lkw-Verkehr angelastet werden, als das bisher gemacht wird.
(Gustav Herzog [SPD]: Wir sind schon an der Obergrenze!)
Die EU hat außerdem überhaupt nichts dagegen, dass wir alle Straßen bemauten
(Gustav Herzog [SPD]: Aber keine Verdopplung! Das ist ein Wolkenkuckucksheim, was Sie erzählen!)
und auch kleinere Lkws einbeziehen, sodass insgesamt mehr Lkws bemautet werden.
Zweitens. Es gibt schon lange die Forderung der Umweltverbände, der wir uns anschließen, die unsinnige Subvention von Dieseltreibstoff zu beenden. 18 Cent pro Liter zahlen diejenigen, die Diesel tanken, weniger als die Leute, die normalen Treibstoff tanken. Diese Differenz summiert sich auf eine gigantische Summe von 7 Milliarden Euro jedes Jahr, die uns als Einnahme fehlen. Das sind Einnahmen, auf die wir verzichten, die wir aber gut gebrauchen könnten, um andere Dinge damit zu tun. Stellen Sie sich einmal vor, was man damit machen könnte: Mit 7 Milliarden Euro könnte man beispielsweise jede Menge Fahrradwege bauen, die in den Kommunen dringend gebraucht werden. Mit 7 Milliarden Euro könnte der öffentliche Nahverkehr deutlich stärker ausgebaut werden, als wir das bisher tun.
Es gibt noch eine naheliegende Idee: Die FAZ hat kürzlich getitelt: „Bahn lässt Alte stehen“. Sie hat erläutert, dass der Seniorenverband in einer breiten Befragung herausgefunden hat, dass viele alte Leute die Bahn nicht benutzen, zum Beispiel weil die Bahnsteige zu steil, also nicht barrierefrei sind und weil kein Personal an den Bahnhöfen ist. Stellen Sie sich einmal vor, Sie subventionieren den Diesel nicht mehr und nutzen nur eine halbe Milliarde von diesen 7 Milliarden Euro für die Einstellung von Servicepersonal bei der Bahn. Sie könnten mit einer halben Milliarde Euro 10 000 gut bezahlte Arbeitsplätze schaffen und dafür sorgen, dass es an den Bahnhöfen wieder Servicepersonal gibt. Die alten Leute würden die Bahn dann lieber nutzen und die jungen Leute auch.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das ist eine Idee, wie man wirklich weiterkommt.
Drittens. Die Bahnhöfe brauchen nicht nur einen besseren Service, sondern müssen in vielen Fällen auch renoviert werden. Ein Viertel der 5 400 Bahnhöfe in Deutschland ist nicht zugänglich für Leute, die einen Rollator oder Rollstuhl benutzen müssen oder einen Kinderwagen mit sich führen. Anstatt Milliarden in Stuttgart zu versenken – noch mehr Milliarden –, könnten Sie unzählige Bahnhöfe im Land fit machen.
Wir erwarten in diesen Tagen den Bericht des Bundesrechnungshofs zu Stuttgart 21, der jetzt endlich vorgelegt wird. Sie alle wissen im Grunde, was drinsteht, nämlich dass dieses unsinnige Projekt nicht 6,5 Milliarden Euro kosten wird – diese Summe liegt deutlich über den geplanten Kosten, und schon damit ist das Projekt unwirtschaftlich –, sondern 10 Milliarden Euro. Es gibt ein hervorragendes Umstiegskonzept, das in Stuttgart erarbeitet worden ist. Ich bitte Sie alle, sich das zu Gemüte zu führen. Das ist eine Idee, wie man mit den vorhandenen Baustellen etwas Sinnvolles machen kann. Dabei würde man 5 Milliarden Euro übrig behalten. Mit 5 Milliarden Euro könnten Sie unzählige Bahnhöfe fit machen, damit alle im Land etwas davon haben. Das ist ein hervorragender Ansatz, um die Mobilität bürgernah zu verbessern und zugleich die Umwelt zu schonen. Mit solchen Vorschlägen kommt man der volkswirtschaftlichen Sinnhaftigkeit und der ökologischen Vernunft wirklich näher, aber nicht mit einem Investitionshochlauf, der uns nur in noch mehr Beton führt.
Danke.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)