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Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2017/1371 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2017 über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtetem Betrug  (Tagesordnungspunkt 19)

Rede von Friedrich Straetmanns,

Wir beraten heute den Gesetzentwurf „EU-Finanzschutzstärkungsgesetz“. Unter anderem ist in § 1 des Gesetzentwurfes die Strafbarkeit der missbräuchlichen Verwendung von Leistungen der Europäischen Union angesprochen. Wir als Partei Die Linke sind selbstverständlich auch der Meinung, dass öffentliche Mittel sorgfältig vergeben und vor allem zur Mehrung des europäischen Gemeinwohls eingesetzt werden müssen.

Ob und wie dies sachgerecht durch das Strafrecht erreicht werden kann, ist allerdings eine Frage, der sich der Rechtsausschuss im Fortgang der weiteren Beratung stellen muss. Hier werden wir auch zu klären haben, ob das vorgeschlagene Gesetz wirklich systematisch in das deutsche Strafrecht passt. Wir neigen nach dem heutigen Diskussionsstand eher zu einer Lösung innerhalb der bisherigen gesetzlichen Regelungen. Wir sind hier aber offen und freuen uns auf eine intensive politisch-fachliche Diskussion im Ausschuss. Hier sollte Gründlichkeit vor Schnelligkeit gehen.

Eine wichtige Grundlage für die weitere Beratung muss die hohe Fehlerquote bei den EU-Gesamtausgaben sein. Dazu beziehe ich mich auf die Aussagen des ehemaligen Präsidenten des EU-Rechnungshofes, Vitor Caldeira, der für das Kalenderjahr 2011 feststellte: „Bei schätzungsweise 3,9 Prozent der EU-Gesamtausgaben im Jahr 2011 hat es Fehler gegeben“; das sind 0,2 Prozent mehr als im Jahr davor oder in absoluten Zahlen rund 5 Milliarden Euro von einem Gesamtbudget von circa 130 Milliarden Euro.

Das Gros der Fehler wurde in den Bereichen aufgedeckt, in die die meisten europäischen Gelder fließen, in die Landwirtschaft und in große Infrastrukturprojekte. Schwere Fehler sind zum Beispiel die Verletzung von Regeln bei öffentlichen Beschaffungen oder falsche Kostenkalkulationen bei von der EU mitfinanzierten Projekten.

Oft werden in der Landwirtschaft zu hohe Angaben bei der Nutzfläche oder beim Bestand von Tieren gemacht. Das ist möglich, weil diese nicht ausreichend kontrolliert werden. Auch werden unter dem bestehenden Wettbewerbsdruck europaweite Ausschreibungen öfter mal umgangen; da stellt sich zum Beispiel schon mal ein landwirtschaftliches Gebäude nach Fertigstellung als Wohnhaus heraus.

Hier und dort fällt es schwer, nicht an eine betrügerische Absicht zu glauben. Natürlich steckt nicht hinter jedem aufgedeckten Fehler ein Betrug, aber auch das werden wir in der weiteren Beratung berücksichtigen müssen.

Meine Fraktion fordert alle Kolleginnen und Kollegen seit langer Zeit auf, mit uns zusammen mehr zu unternehmen hinsichtlich einer besseren Kontrolle und Transparenz bei der öffentlichen Auftragsvergabe und der damit verbundenen Ausgaben. Dahin können wir nur kommen, wenn sich die Bundesrepublik für ein verbindliches und aussagekräftiges Lobbyregister für die EU einsetzt, das Die Linke auch auf nationaler Ebene seit langem fordert.