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Zu Protokoll gegebene Rede

Rede von Niema Movassat,

Jährlich sterben in Deutschland über 120 000 Menschen vorzeitig infolge des Tabakrauchens. Zwar ist die Zahl der Raucher/‑innen weiter rückläufig, in Sachen Tabakkontrollpolitik ist Deutschland jedoch leider Schlusslicht in Europa. Der Einfluss der Tabaklobby auf die Bundesregierung ist immens. Noch immer haben wir kein umfassendes Werbeverbot für Tabakprodukte – um nur ein Beispiel zu nennen.

Auch der vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung ist ein Lehrstück der Lobbyarbeit. Diverse Treffen der Tabaklobby mit Vertretern des SPD-geführten Finanzministeriums gingen dem Gesetz voraus. Zudem erhalten Union, SPD und FDP regelmäßig Spenden und Sponsoringbeiträge von der Tabakindustrie. Allein die SPD und ihr Magazin „Vorwärts” erhielten 2018/2019 zusammen mindestens 80 000 Euro vom Deutschen Zigarettenverband, Japan Tobacco International und Philip Morris für Veranstaltungen wie Parteitage und Sommerfeste. Heraus kommt dann ein Gesetzentwurf, der jegliche gesundheitspolitischen Bestrebungen torpediert und alle Erfolge bei der Tabakprävention aufs Spiel setzt.

Worum geht es konkret? Neben einer moderaten Steuererhöhung auf Tabakzigaretten, sollen erstmals auch Liquids für E-Zigaretten besteuert werden. Allerdings fällt die geplante Steuer auf Liquids so hoch aus, dass E-Zigaretten viel zu teuer werden, als dass der Umstieg von der Tabakzigarette aufs Dampfen noch attraktiv wäre. Nach Ihren – dreisterweise erst gestern Mittag eingebrachten – Änderungsanträgen fällt ab dem Jahr 2026 nach einer stufenweisen Erhöhung für 10 ml Liquid, die aktuell 5 bis 6 Euro kosten, dann eine Steuer von 3,20 Euro an.

Gesundheitsexperten sind sich einig, dass die E-Zigarette ein wichtiges Instrument zur Reduzierung des Tabakrauchens ist. Der Umstieg vom Tabak auf die E‑Zigarette bringt gesundheitlich eine deutliche Schadensreduzierung, da E‑Zigaretten etwa 95 Prozent weniger Schadstoffe enthalten. Eine Besteuerung muss daher risikoadjustiert erfolgen!

Olaf Scholz hat gezeigt, dass er keine Ahnung von Gesundheitspolitik hat und ohne Rücksicht auf Verluste mehr Steuereinnahmen generieren möchte. Dabei reicht ein Blick in unsere Nachbarländer, um bereits heute zu wissen, dass eine zu hohe Besteuerung von Liquids großen Schaden anrichtet: Italien, Litauen, Ungarn und Estland haben die Steuer auf Liquids wieder abgeschafft oder auf einen Bruchteil reduziert; denn deren Folge war ein Anstieg des Tabakkonsums und die Entstehung eines Schwarzmarktes.

Das von der Bundesregierung geplante Gesetz provoziert ein Wiederansteigen der Raucherzahl und noch mehr Tabaktote! Die tabakfreundliche Politik der Bundesregierung hat hier einen neuen Höhepunkt erreicht. Die Tabaklobby lacht sich ins Fäustchen: Statt das Tabakrauchen zu reduzieren, wird die E-Zigarette, die wichtigste Ausstiegshilfe, ausgebremst.

Als Linke fordern wir: Die Interessen der Tabakindustrie dürfen nicht länger über unserem Recht auf Gesundheit stehen!