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Zu Protokoll gegebene Rede

Rede von Ulla Jelpke,

Dieser Gesetzentwurf will es zukünftig ermöglichen, einfache Behördengänge über das Smartphone oder ein Tablet vorzunehmen. Dafür soll die bereits heute auf allen Personalausweisen freigeschaltete „elektronische Identität“ genutzt werden. So können Bürger und Bürgerinnen sich dann online ausweisen und sich zum Beispiel unkompliziert per Smartphone bei der Meldebehörde ummelden oder sich digital um die Autozulassung kümmern.

Diese Vereinfachung beim Zugang zu Verwaltungsdienstleistungen begrüßen wir ausdrücklich. Allerdings haben wir Bedenken, was die Sicherheit des geplanten Verfahrens angeht:

Der Ausweisinhaber soll zum Beispiel zu Beginn nur über die Aktivierung seiner elektronischen Identität informiert werden – nicht aber über alle weiteren Aktivitäten im Behördenaustausch. Hier braucht es aus unserer Sicht dringend weitere Sicherungsmaßnahmen, damit Missbrauch und Identitätsdiebstahl ausgeschlossen werden können.

Auch lässt die Bundesregierung bisher offen, auf welchem Weg der Inhaber des Personalausweises über die Aktivierung seiner elektronischen Identität informiert werden soll. Dabei ist das doch eine zentrale Sicherheitsfrage.

Ich bin außerdem der Meinung, dass der elektronische Identitätsnachweis nicht ausschließlich für die Nutzung von mobilen Endgeräten eingeführt werden sollte. Wenn ich die elektronische Identität am Laptop oder heimischen PC nutzen möchte, brauche ich auch weiterhin ein Kartenlesegerät. Das erschließt sich mir nicht – viele Verwaltungsverfahren sind doch so komplex, dass man sie wirklich ungern auf einem kleinen Handydisplay erledigt. Man denke nur an die Beantragung von Elterngeld.

Nebenbei bemerkt gibt es zurzeit anscheinend nur ein einziges Smartphone-Modell, das die – zu Recht! – hohen Sicherheitsanforderungen zur Nutzung des elektronischen Identitätsnachweises erfüllt. Wie viele Menschen in Zukunft also tatsächlich davon profitieren können, steht noch in den Sternen.

Ohne die kurzfristige Änderung zum Gesetzentwurf hätten wir uns enthalten, aber jetzt werden wir ihn ablehnen müssen. Denn der Änderungsantrag der Koalition sieht vor, dass die Länder eigene Register zum automatisierten Abruf von Lichtbildern und Unterschriften aus dem Personalausweis abrufen können sollen. Eine solche Zentralisierung von biometrischen Datenbeständen wollen wir nicht. Sie ist schlicht und ergreifend nicht notwendig und stellt eine Gefahr für die Sicherheit der Daten dar.

Auch im Zuge der Sachverständigenanhörung konnte nicht geklärt werden, warum eine solche Einführung biometrischer Datenbanken erforderlich sein sollte. Allein dass es praktisch sein mag, rechtfertigt keine so massiven Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Es gibt bereits Register bei den jeweiligen Passbehörden, die entsprechend ausgestattet die gleiche Funktion erfüllen könnten.

Auf den Entschließungsantrag der Koalition möchte ich nur kurz eingehen: Selbstverständlich unterstützen wir das Anliegen, dass eine sichere Lösung für die Identifizierung mit dem Smartphone geschaffen wird. Aber warum legt die Koalition hierfür einen Entschließungsantrag vor, anstatt direkt mit einer gesetzlichen Regelung für Klarheit zu sorgen? Auch die Angabe zu der maximalen Geltungsdauer eines elektronischen Identitätsnachweises, die zwei Jahre betragen soll, gehört in ein Gesetz. Die Linke wird sich zum Entschließungsantrag deshalb enthalten.

Das Projekt des elektronischen Identitätsnachweises ist seit Jahren nicht vorangekommen. Es mangelt in Deutschland ganz grundsätzlich an einer tragfähigen Strategie für die Digitalisierung der Verwaltung. Was wir brauchen, sind keine weiteren vermeintlichen Einzellösungen, sondern eine ganzheitliche Strategie, die Grundrechte achtet.