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Zu Protokoll gegebene Rede

Rede von Sabine Leidig,

Wir befassen uns hier zum wiederholten Male in den letzten Jahren mit der Weiterentwicklung der Eisenbahnregulierung. Immer wieder wird noch weitere und komplexere Regulierung nötig, weil der „Eisenbahnmarkt“ nicht rundläuft.

Wir waren und sind der Überzeugung, dass die Krux im falschen System liegt: Der Wettbewerb auf der Schiene ist eine im Kern neoliberale Erfindung und hat die Eisenbahnen nicht wirklich weiter gebracht. Solange der Wettbewerb zum Straßen- und Luftverkehr weiter unter unfairen Bedingungen stattfindet – weil diese Verkehrsträger noch immer massiv subventioniert werden –, kann sich die nachhaltige Bahn nicht zum Gewinner aufschwingen. Es gibt große Probleme mit Wettbewerb und Betriebsübernahmen im Regionalverkehr, und mit Konkurrenzkampf um Fernverkehrsstrecken, wie ihn die FDP fordert, würden die Probleme größer.

Die Schweiz macht vor, wie hervorragend das Modell einer staatlichen Bahn mit Integration von Netz und Betrieb funktionieren kann – wenn der Wettbewerb um die besten Ideen geführt wird und nicht um die niedrigsten Preise. Dafür ist ein „Systemführer“ als Rückgrat des Integralen Taktfahrplans (im Schweizer Modell die SBB) notwendig, was zu einem sehr zuverlässigen öffentlichen Verkehr führt. In einem solchen Modell sehen wir auch bei uns die Zukunft für die Bahn. Mit öffentlichen Bahnunternehmen, die nicht auf betriebswirtschaftlichen Gewinn ausgerichtet sind und deren Leitbild Kooperation statt Konkurrenz ist, fahren die Volkswirtschaften besser.

Nun legt die Bundesregierung eine Reihe von Änderungen der Eisenbahnregulierung vor, die an Problemen herumdoktern, ohne an die Wurzel zu gehen: Im Schienenpersonennahverkehr werden Rahmenverträge erlaubt. Das begrüßen wir, weil damit längerfristige Taktfahrpläne für einen guten Nahverkehr wieder möglich gemacht werden.

Mit einzelnen Systemtrassen soll der Grundstein für den Deutschlandtakt gelegt werden. Aber die Umsetzung des Deutschlandtakts bleibt ungelöst. Die GroKo schiebt diese wesentliche Aufgabe in die nächste Wahlperiode. Dann haben Sie wieder die Anreizregulierung für eine Begrenzung der Trassenpreise drin, obwohl die meisten Experten die Wirksamkeit bezweifeln. Damit die Schienenmaut geringer wird und sich die Bahnfahrt besser lohnt, müssen die Trassenpreise auf Grenzkostenniveau abgesenkt werden, wie es in fast allen EU-Ländern bereits umgesetzt ist. Im Gegenzug muss der Bund mehr Fixkosten der Eisenbahninfrastruktur übernehmen.

Wenn Sie endlich die klimaschädlicheren Verkehre gerecht zur Kasse bitten, ist das Geld auch da. Ungelöst bleiben die Probleme beim Baustellenmanagement. Die Einbeziehung von Werkstätten oder NE-Bahnen als „systemrelevant“ in die Regulierung schafft vor allem zusätzlichen Aufwand.

Unterm Strich wird mit dem Gesetz manches verbessert und manches nicht – die falsche Grundrichtung „Wettbewerb auf der Schiene“ bleibt. Wir enthalten uns.

Die Grünen legen mit ihrem Antrag ein Programm für das „Europäische Jahr der Schiene“ vor. Im Kern geht es um eine Verkehrswende in Deutschland und Europa mit Stärkung der Schiene für entschiedene Verkehrsverlagerung auf die Bahn. Darin stimmen wir ja traditionell mit den Grünen überein und kämpfen seit vielen Jahren in die gleiche Richtung – auch wenn wir uns beim Thema Wettbewerb auf der Schiene nicht einig sind. Viele der konkreten Forderungen waren und sind auch in linken Anträgen zu finden. Wir stimmen dem ganzen Paket zu.