Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) soll ein unabhängiger, fachlicher Beratungs- und Begutachtungsdienst sein, der die Kranken- und Pflegekassen im gesetzlichen Auftrag in medizinischen und pflegerischen Fragen unterstützt. Mit dem vorliegenden Gesetz soll diese Unabhängigkeit weiter ausgebaut werden.
Auch wir wollen die Unabhängigkeit des MDK stärken und fordern schon seit Längerem einheitliche Regelungen. Wir haben bereits in der Vergangenheit gefordert, dass der MDK bei Begutachtungen, die Entscheidungen über die Leistungsgewährung vorausgehen, schrittweise als von den Kranken- und Pflegekassen personell und organisatorisch unabhängige Organisation ausgestaltet wird. So gibt es Regelungen im Gesetzentwurf, die durchaus in die richtige Richtung weisen. Ein MD Bund wird errichtet, der Richtlinien für die MDs erstellt. Beispielsweise werden laut Gesetzentwurf Begutachtungsrichtlinien zur häuslichen Krankenpflege nun nicht mehr vom GKV-Spitzenverband, sondern vom MD Bund erlassen. Ganz so einfach ist das jedoch nicht: Da die Begutachtung ja regelmäßig zu einer Entscheidung über eine Leistungsgewährung führt, muss es hier eine enge Abstimmung zwischen dem MD Bund und den Kassen als Sachwalter der Leistungsgewährung geben. Wie genau, das ist eine offene Frage im Gesetzentwurf.
Im Koalitionsvertrag findet sich ein Bekenntnis zur Selbstverwaltung, die sogar weiter gestärkt werden soll. Im Referentenentwurf des Ministers fand sich dann eine merkwürdige Interpretation dieser Stärkung: Der Einfluss der Selbstverwaltung der Kassenvertreter sollte extrem beschnitten werden. Dafür sollte den Leistungserbringern, die ja auch Gegenstand der MD-Prüfungen sind, ein weitreichender Einfluss eingeräumt werden. Das ist inzwischen im Kabinettsbeschluss wieder relativiert worden. Dass nun auch Patientenvertreter in die Verwaltungsräte kommen, begrüßen wir durchaus.
Und um das an dieser Stelle noch einmal deutlich zu sagen: Die soziale Selbstverwaltung bezieht ihre Legitimation nicht nur aus den Sozialwahlen, sondern auch daraus, dass die gesamten Einnahmen der GKV in Höhe von voraussichtlich 230 Milliarden Euro in 2019 im Wesentlichen aus der Lohn- und Gehaltssumme finanziert wird. Inzwischen auch wieder paritätisch zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenngleich da eine deutliche Unwucht bleibt; denn die Arbeitnehmerseite wird durch Zu- und Aufzahlungen und Leistungsausschlüsse deutlich stärker mit Gesundheitsausgaben belastet als die Arbeitgeberseite.
Es war wohl der lautstarke Protest der Gewerkschaften, der den Minister zum Einlenken gebracht hat. Allerdings reiht sich dieser Versuch, die Selbstverwaltung zu schwächen, in eine ganze Reihe weiterer Versuche ein. Es ist an der Zeit, dass die Koalitionsfraktionen – und hier speziell die SPD – diesem Treiben gegen den Wortlaut und den Geist der Koalitionsvereinbarung Einhalt gebieten.
Die im Gesetzentwurf enthaltenen Regelungen sehen eine Mehrheit für die Kassenvertreter vor, weisen jedoch im Detail noch einige Merkwürdigkeiten auf, die unseres Erachtens so keinen Bestand haben dürfen.
Im Gesetzentwurf sind auch Regelungen enthalten, die der wechselseitigen Aufrüstung von MD und Krankenhäusern bei der Rechnungsprüfung Einhalt gebieten sollen. Das ist aus unserer Sicht auch dringend geboten, wenngleich wir eine wesentliche Ursache für diesen „Rechnungskrieg“ in der Finanzierungsgrundlage der Krankenhäuser durch diagnoseorientierte Fallpauschalen (DRG) sehen. Nun ist diese Finanzierungssystematik in der letzten Zeit sehr deutlich in die Kritik geraten. Vielleicht ergibt sich ja die Chance, den Prüfaufwand und damit die Konflikte nachhaltig zu reduzieren, indem das DRG-System endlich ersetzt wird. Ansonsten sind da in den Regelungen zur Prüfung der Krankenhausrechnungen noch einige Widersprüche und Ungereimtheiten enthalten, die wir im weiteren Gesetzesfortgang zu klären und zu beseitigen haben.
Insofern werden die weiteren Beratungen sicher spannend und aufschlussreich. Und wir werden hier mal wieder ein typisches Beispiel von einem Gesetzesentwurf haben, der sicher nicht so bleiben wird, wie er das Parlament erreicht hat.