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Zentrales Waffenregister notwendig

Rede von Bodo Ramelow,

Werte Kolleginnen und Kollegen! Als Abgeordneter aus Thüringen und als Bewohner der Stadt Erfurt habe ich ein ganz besonderes Verhältnis zu dem Thema, über das heute diskutiert wird. Wir haben in Thüringen das Leistungszentrum für Schießsport in Suhl und in Oberhof unsere Biathleten, die ausgebildete Schützen sind. Als Erfurter habe ich das Massaker am Gutenberg Gymnasium erleben und den Angehörigen beistehen müssen. Alle in Erfurt waren durch diese Tat sehr traumatisiert. Deswegen bewegt mich das Thema Waffenrecht sehr.

Ich gebe zu, dass ich mich über bestimmte E Mails und Faxe, die mir danach zugeschickt wurden, sehr ärgere. Man wird häufig in die Ecke gestellt und als ein Gegner der Benutzung von Waffen dargestellt, nur weil man sich kritisch zu den Grauzonen äußert, in denen Waffen nicht richtig angewendet werden. Das ist doch keine Beleidigung für den Jäger, der seiner Jagd ordentlich nachgeht. Das ist doch keine Beleidigung für den Sportschützen, der seinen Sport ordentlich ausübt. Es muss aber erlaubt sein, darüber zu reden, dass es Fehlentwicklungen gibt. Deswegen habe ich Fragen. Ich gebe Herrn Grindel völlig recht: Spielzeugwaffen, die wie ein Original aussehen, haben aus unserer Sicht überhaupt keine Daseinsberechtigung. Warum müssen solche Waffen durch die Gegend getragen werden?

(Beifall bei der LINKEN und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Anhörung hat mir sehr viel Vergnügen bereitet, weil dort eine intellektuelle Schärfung der Argumente stattgefunden hat. Es wurden von den Kollegen aus Sachsen-Anhalt Waffen vorgelegt, die man mit eigenem Auge nicht als echt oder falsch erkennen konnte. Dem Opfer ist es völlig egal, ob die Waffe echt oder nicht echt ist. Ein Überfall auf einen XY-Markt oder eine Tankstelle mit einer solchen Waffe führt immer zu einer Traumatisierung und hinterlässt immer Opfer. Deswegen finde ich es völlig richtig, dass diese Art von Spielzeugwaffen schlicht aus dem Verkehr gezogen werden müssen,

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

oder, wie es mit dem vorliegenden Entwurf umgesetzt wird, dass sie 50 Prozent kleiner oder größer ausfallen müssen oder mit einer bestimmten Farbe versehen werden, damit man erkennt, dass es sich um ein Spielzeug handelt. Im Kern waren wir uns aber darüber einig, dass solche Spielzeuge an sich völlig überflüssig sind.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich gebe zu, dass wir mit den Regelungen über die Erbwaffen nicht zufrieden sind. Im Gegensatz zu Herrn Kollegen Wolff, der hier eine waffenlobbyistische Rede gehalten hat

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD - Widerspruch des Abg. Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP))

ich hätte gern einen Hinweis darauf, für wen er die Rede gehalten hat; für die Freiheit jedenfalls nicht , bin ich der Meinung, dass man Erbwaffen mit Blockiersystemen optimal sichern kann, ohne sie zu zerstören. Man kann eine Erbwaffe, mit der jemand hantiert, der dazu keine Erlaubnis hat, entweder mit einem Blockiersystem oder mit einem Abzugsschloss sichern. Beides sind Optionen. Ich glaube, wir gehen da in die richtige Richtung, wenn auch noch nicht weit genug. Ich will sagen, dass mich das nicht daran hindert, meiner Fraktion zu empfehlen, alle Vorschläge anzunehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD): Endlich werden Sie einmal vernünftig!)

Ein zweites Thema, auf das Herr Grindel hingewiesen hat, betrifft Messer und das damit verbundene Drohpotenzial. Ich glaube, dass wir da noch nicht die optimale Lösung haben. Das hat Herr Grindel auch nicht behauptet.

(Reinhard Grindel (CDU/CSU): Nehmen Sie mich nicht zu sehr in Schutz! Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU): Das ist rufschädigend für Herrn Grindel! Gegenruf des Abg. Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP): Eine komische Koalition!)

Ich finde, dass man bei vernünftigen Regelungen entspannt sein müsste. Das Hantieren mit einem Einhandmesser in einer Straßenbahn muss von uns unterbunden werden. Das hat nichts mit der Oma zu tun, die beim Pilzsammeln ein Messer bei sich trägt. Es geht um die Bedrohung durch Waffen, die offen von Menschen getragen werden.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich glaube, dass weder die Hamburger noch die Berliner Lösung die richtige ist. Eigentlich müssten wir dieses Bedrohungspotenzial aus der Öffentlichkeit entfernen. Das hat nichts mit den Pfadfindern oder Mitgliedern von Trachtengruppen, die einen Hirschfänger tragen, zu tun. Das hat auch nichts mit dem Jäger und dem Angler zu tun, die ein solches Messer für die Ausübung ihres Sports brauchen. Es gibt aber keinen Grund, sich in der Straßenbahn mit einem Einhandmesser die Fingernägel sauber zu machen und zu behaupten, man bedrohe doch niemanden.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Durch eine solche Handlung und das Vorzeigen von Waffen an öffentlichen Orten fühle ich mich bedroht. Diese Bedrohung muss durch die Politik zurückgedrängt werden.

(Beifall des Abg. Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD))

Damit werden wir nicht jedes Messermassaker in Familien oder jeden Ehekrach, der mit Messern ausgetragen wird, verhindern können. Aber wir müssen dies thematisieren. Es geht um Einhandmesser; es geht um diese Form der Bedrohung. Deswegen bin ich eigentlich auch mit der 12-Zentimeter-Regelung nicht einverstanden.

(Beifall des Abg. Klaus Uwe Benneter (SPD))

Ich glaube, dass man damit das Problem am falschen Ende anpackt. Trotzdem sind wir insgesamt auf einem guten Weg.
Abschließend möchte ich sagen, was aus unserer Sicht völlig fehlt und was ich uns allen ins Stammbuch schreibe: Es geht um das elektronische Waffenzentralregister und fälschungssichere Dokumente für alle, die berechtigt sind, mit Waffen umzugehen, und für alles, was mit der Handhabung von Waffen zusammenhängt. Da haben wir nach den Ereignissen von Erfurt noch nachzuarbeiten. Wir haben immer noch keine fälschungssicheren Dokumente. Außerdem brauchen wir die Einführung eines Zentralregisters. Wir dürfen diese Aufgabe nicht auf 257 Ordnungsämter verlagern, die noch Karteikarten verwenden und sich nicht untereinander abstimmen. In einer Zeit, in der wir für alles und jedes elektronische Register einführen und jeder unter Generalverdacht steht, sollte es möglich sein, jede legale Waffe zu erfassen, damit sie von der illegalen unterschieden werden kann. Dem Polizisten soll, bevor er zu einem Haus kommt, ermöglicht werden, zu überprüfen, ob dort Waffen lagern oder nicht. Diesen Schritt müssen wir gemeinsam tun. Deswegen möchte ich uns auffordern, nach der heutigen Verabschiedung gemeinsam an der Einführung eines Waffenzentralregisters zu arbeiten.
Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)