Zum Hauptinhalt springen

Zeitenwende für die Bildung

Rede von Nicole Gohlke,

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bildung ist eine Frage von sozialer Gerechtigkeit, von Teilhabe und eine Frage der öffentlichen Daseinsvorsorge. Aber unser Bildungssystem leistet all das nicht mehr. Es ist zu einem System von Ungleichheit, zu einer Ursache für die Spaltung der Gesellschaft und zu einer Quelle von Frust für alle Beteiligten geworden.

Der Fachkräftemangel ist auf schwindelerregenden Höhen angekommen.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Wie kann das denn sein? Es kommen doch so viele jedes Jahr!)

Lehrkräfte und Erzieherinnen und Erzieher kämpfen mit Burn-out und verlassen sogar den Beruf. Einrichtungen schließen. Der Unterricht wird verkürzt oder fällt ganz aus. Hunderttausende junge Leute stranden ohne irgendeinen Berufsabschluss.

(Friedhelm Boginski [FDP]: Da hilft auch kein Geld!)

Und die Schulen und Hochschulen fliegen auseinander. 47 Milliarden Euro bräuchte es, um die maroden Schulgebäude zu modernisieren. 60 Milliarden Euro müsste man in die Hand nehmen, um die Hochschulen auf Vordermann zu bringen. Und knapp 12 Milliarden Euro fehlen bei den Kitas.

Kolleginnen und Kollegen, die Zahlen und Fakten schreien nach einem beherzten Handeln.

(Beifall bei der LINKEN)

Das hundertste kleinteilige Spezialprogramm reicht angesichts dieser Dimensionen an Notstand nicht mehr aus, und das Nebeneinanderher von Bund, Ländern und Kommunen ist dem Ernst der Lage nicht mehr angemessen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Linke schlägt Ihnen heute zwei Maßnahmen vor, die den Bund in der Bildungspolitik mehr in die Verantwortung nehmen und die die Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen befördern:

Erstens ein Programm für mehr Lehrkräfte und für mehr Erzieherinnen und Erzieher, weil wir dafür sorgen müssen, dass der Mangel in den nächsten Jahren nicht noch schlimmer wird, dass wir rauskommen aus der Abwärtsspirale; denn sonst möchte irgendwann niemand mehr diesen wichtigen Job noch machen.

(Beifall bei der LINKEN)

Zweitens. Wir beantragen ein 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bildung, um unsere Kitas, Schulen, Berufsschulen und Hochschulen modern, digital, barrierefrei und klimaneutral zu machen.

(Beifall bei der LINKEN)

Beim 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr haben Sie gezeigt, was möglich ist, wenn es politisch gewollt ist.

(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es hat damals nur wenige Tage gebraucht, da hatten Sie mit den Ländern die notwendigen Gespräche geführt, da hatten Sie das Grundgesetz geändert; und jetzt stellen Sie Milliarden für Bundeswehr und Rüstung bereit. Kolleginnen und Kollegen, ich finde demgegenüber den Umgang mit der Bildung, mit der Zukunft unserer Gesellschaft völlig unangemessen.

(Beifall bei der LINKEN – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Lindner hat damals argumentiert, es bräuchte ein „Sondervermögen Bundeswehr“, weil man eine – ich zitiere – „mindestens 15 Jahre dauernde Vernachlässigung … nicht von jetzt auf gleich im laufenden Haushalt korrigieren“ kann. Kolleginnen und Kollegen, in der Bildung reden wir von Jahrzehnten, von Jahrzehnten der Vernachlässigung unserer Infrastruktur.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Wer hat denn da regiert?)

Wir stehen in der Bildungspolitik vor einer Zeitenwende. Wenn wir jetzt nicht handeln, wachen wir in einem Zweiklassensystem auf: die Armen auf den unterfinanzierten öffentlichen Schulen, während die, die es sich irgendwie leisten können, ihre Kinder auf private Schulen und zur Nachhilfe schicken.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Darauf läuft es hinaus!)

Kolleginnen und Kollegen, wir stehen jetzt in der Verantwortung für die Perspektiven der jungen Generation, für die Zukunft als demokratische Gesellschaft. Wahlkampfversprechungen für gute Bildung wurden genug gemacht. Es ist Zeit, zu handeln. Bitte stimmen Sie unseren Anträgen heute zu!

(Beifall bei der LINKEN)