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Wohnungspolitik neu ausrichten anstatt im Klein-Klein verhaken

Rede von Caren Lay,

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Union möchte mit dem heute vorliegenden Antrag Kommunen bei der Unterbringung von Geflüchteten unterstützen. Das begrüße ich ausdrücklich in der Sache, aber natürlich auch als positive Entwicklung der Unionsfraktion.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich erinnere mich noch sehr gut daran, dass Sie, Herr Merz – ich habe gerade nicht Ihre Aufmerksamkeit; es ist erst ein halbes Jahr her –, Menschen, die vor Putins brutalem Krieg aus der Ukraine geflüchtet sind und bei uns Schutz gesucht haben, als „Sozialtouristen“ denunziert und beschimpft haben. Vor diesem Hintergrund werte ich den Antrag der Union als Entschuldigung. Ich freue mich, dass Sie dazulernen.

(Beifall bei der LINKEN)

Konkret schlagen Sie eine Verlängerung von Fristen im Baugesetzbuch vor, die es den Kommunen erleichtern, schneller zu bauen – also in der Praxis dann häufig Zwischenlösungen und Containersiedlungen am Stadtrand. Das kann man machen, wenn sonst nichts geht. Aber klar ist doch auch, dass diese Notstrukturen die Ausnahme sein müssen.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Wir brauchen auch für Geflüchtete dauerhafte Lösungen in eigenen Wohnungen. In Containern im Gewerbegebiet leben: Wie soll da Integration gelingen, die die Union hier auch fordert? Und: Noch immer werden in diesem Land Geflüchtete in Massenunterkünften untergebracht, während nebenan Hunderte, wenn nicht gar Tausende Wohnungen leer stehen. Das ist doch völlig absurd.

(Beifall bei der LINKEN)

Das beste – oder man könnte sagen: schlechteste – Beispiel dafür ist Hoyerswerda in meinem Wahlkreis, wo es der Landrat der Union ist, der verhindert, dass Asylbewerber/-innen in den dort leerstehenden Wohnungen untergebracht werden, um die Integration zu erleichtern. Wohnungen statt Lager und Container, das sollte unser Grundsatz sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Deswegen brauchen wir erstens eine bessere finanzielle Ausstattung der Kommunen; denn die Städte und Gemeinden sind die eigentlichen Problemlöser in diesem Land. Sie stellen weite Teile der Infrastruktur, auch und gerade für die praktische Solidarität mit Geflüchteten. Aber dabei lässt der Bund die Kommunen häufig allein. Der Wirtschaftsexperte Marcel Fratzscher analysiert zu Recht: „Niemals in den vergangenen 70 Jahren war die Diskrepanz zwischen der Verantwortung und der finanziellen Ausstattung der Kommunen größer als heute.“

(Jan Korte [DIE LINKE]: Ja, sehr richtig!)

Das, meine Damen und Herren, muss sich endlich ändern. Der Bund muss die Kommunen besser unterstützen, auch und gerade bei der Unterbringung von Geflüchteten.

(Beifall bei der LINKEN)

Zweitens. Wohnen ist ein Menschenrecht. Das Beste wäre endlich ein Neustart im sozialen und gemeinnützigen Wohnungsbau. Das wäre das Beste für Haushalte mit geringem Durchschnittseinkommen, für Obdachlose und eben auch für Geflüchtete. Aber das predige ich an diesem Pult seit über acht Jahren. Und passiert ist praktisch nichts. Die Ampel versprach 100 000 neue Sozialwohnungen im Jahr. In der Realität hatten wir im letzten Jahr 27 000 Sozialwohnungen weniger. Das ist doch ein Armutszeugnis!

(Beifall bei der LINKEN – Jan Korte [DIE LINKE]: Genau!)

Drittens. Der Bund sollte endlich selber bauen. Seit vielen Jahren versprechen Sie, die Bundesbehörde BImA neu aufzustellen.

(Bernhard Daldrup [SPD]: Das ist auch passiert!)

Aber auch hier enttäuscht die Realität:

(Bernhard Daldrup [SPD]: Nein!)

Im letzten Jahr sind 76 Wohnungen gebaut worden,

(Zuruf: Donnerwetter!)

und für jede neu gebaute Wohnung sind vier privatisiert worden. Das ist doch völlig aus der Zeit gefallen!

(Beifall bei der LINKEN)

Was wir schließlich überhaupt nicht brauchen, das ist der zweite Antrag, der heute von der AfD vorliegt: Schuld an der Wohnungskrise sind, wie laut der AfD eigentlich an jedem Problem in diesem Land, Migrantinnen und Migranten. Nein, nicht Zuwanderung ist schuld an der Wohnungskrise, sondern Spekulationen mit Immobilien und eine seit Jahrzehnten falsche Politik. Mit internationaler Spekulation mit Mietwohnungen in Deutschland hat die AfD übrigens kein Problem, –

– mit Menschen, die Schutz vor Krieg und Hunger suchen und zu uns kommen, schon. Das ist absurd. Was wirklich niemand braucht, ist Ihre rechtsradikale Stimmungsmache.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Maja Wallstein [SPD])