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Wirtschaftlichen Einbruch in der EU mit Investitionsoffensive begegnen!

Rede von Alexander Ulrich,

Guten Morgen, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In diesen Stunden tagt ja in Brüssel der EU-Afrika-Gipfel, und ich glaube, wir müssen deutlich zum Ausdruck bringen: Europa und auch Deutschland sind während der Coronakrise keine guten Partner. Es ist unsolidarisch und eine Schande, wie wir den afrikanischen Kontinent im Stich lassen. Südafrikas Regierungschef hat gesagt, es herrsche „Impfstoff-Apartheid“. Deshalb auch hier an die Bundesregierung und an die Gipfelteilnehmer aus Europa: Geben Sie endlich die Impfstoffe frei! Afrika braucht diese. Wir können Corona nicht nur in Europa besiegen, sondern nur weltweit und damit auch in Afrika.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Coronakrise hat die europäische Wirtschaft in große Schwierigkeiten gebracht. Man hat Fehler, die man in der Finanz- und Wirtschaftskrise gemacht hat, zum Glück nicht wiederholt. Man hat schon sehr früh, im Frühjahr 2020, den Stabilitäts- und Wachstumspakt und die Fiskalregeln ausgesetzt, weil man gewusst hat: Wir können diesem wirtschaftlichen Einbruch nur begegnen, wenn wir als Staaten kräftig dagegen aninvestieren.

Ich glaube, wir hätten in Europa nicht den jetzigen Stand erreicht, wenn wir nicht die Möglichkeit gehabt hätten, vieles gegen den sozialen und wirtschaftlichen Niedergang zu tun. Wir wissen selbst in Deutschland, wie viel Geld wir dafür bis heute noch in die Hand nehmen.

Deshalb ist es vollkommen falsch, jetzt schon wieder zu den Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts zurückzukehren. Wir begrüßen ausdrücklich, dass Frankreich und Italien den Stabilitäts- und Wachstumspakt reformieren wollen. Wir brauchen für die sozial-ökologische Transformation, für die riesigen Veränderungen, die notwendig sind, um die Klimaziele zu erreichen, auch in Zukunft handelnde Staaten in Europa. Deshalb hoffe ich, dass die Bundesregierung nicht auf die FDP hört, die relativ schnell wieder zu dem Pakt zurückkehren will. Wir brauchen Zukunftsinvestitionen in ganz Europa. Dafür braucht es zumindest eine goldene Regel, dass diese Investitionen bei den Verschuldungskriterien nicht mitzählen.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Christian Petry [SPD])

Man kann aber in Europa auch darüber nachdenken, wenn man sich nicht verschulden will, liebe FDP, wie man die Einnahmeseite erhöhen kann. Deshalb brauchen wir europaweit eine Vermögensabgabe. Wir brauchen in Europa endlich die Digitalsteuer. Und was ist eigentlich aus der Finanztransaktionsteuer geworden?

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Sehr gute Frage!)

Wir haben damals klipp und klar gesagt: Auch die Finanzjongleure sollen mithelfen, diese Krisen zu bezahlen. Bis zum heutigen Tag ist keine Finanztransaktionsteuer umgesetzt worden, obwohl sie sogar damals schon Finanzminister Schäuble im Haushalt eingeplant hatte. Sie sind mal wieder vor den Börsen und vor den Finanzmärkten eingeknickt. Wir brauchen aber diese Steuer. Wir als Linke werden immer wieder darauf hinweisen.

(Beifall bei der LINKEN)

Viele Maßnahmen in Hochglanzbroschüren der Europäischen Kommission, der Zukunftsgipfel und alles andere, was geplant ist, werden nur dann erfolgreich sein, wenn die europäischen Bürgerinnen und Bürger durch Europa einen Mehrwert erfahren. Deshalb kann es nicht sein, dass das soziale Europa, die soziale Säule immer nur in Sonntagsreden diskutiert werden, sondern es braucht tatsächlich auch faktische Umsetzungen.

Deshalb muss in diesem Jahr die Richtlinie für europäische Mindestlöhne endlich zum Erfolg geführt werden. Dazu gehört auch, dass die Richtlinie handhabbar ist und umgesetzt wird. Wir als Linke sagen: 60 Prozent des Medianlohns in jedem Land. Der wird in Portugal anders sein als in Deutschland. Aber wir brauchen endlich verbindliche Untergrenzen in ganz Europa – nicht nur als Empfehlungen, sondern sie müssen durchsetzbar sein.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Christian Petry [SPD])

Das braucht Europa, sonst werden wir die Menschen nicht mehr mitnehmen.

Ein Allerletztes. Die Europäische Kommission kommt ja immer wieder auf irrsinnige Vorschläge. Nicht nur, dass sie Silvester kurz vor Mitternacht – welcher Beamter in Brüssel da wohl noch saß? – den Vorschlag weitergeleitet hat, dass auch die Atomkraft in die Taxonomie aufgenommen wird. Diese Woche ist die Kommission mit dem glorreichen Vorschlag gekommen, dass man in Zukunft Rüstungsprojekte von der Mehrwertsteuer befreien solle.

(Zuruf von der LINKEN: Unfassbar!)

Grundnahrungsmittel werden besteuert, aber Rüstungsgüter sollen von der Mehrwertsteuer befreit werden. Solch ein Europa braucht niemand!

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)