Nele Hirsch in der Debatte „Mehr Qualität für Hochschulen“ DIE LINKE. hält es nicht für sinnvoll, mittels Markt- und Wettbewerbmechanismen die Qualitätsentwicklung im Hochschulbereich voranzutreiben.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erst einmal ein Wort an Frau Grütters. Ich glaube schon, dass die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen mitbekommen hat, dass die Bundesbildungsministerin einen Hochschulpakt vorgelegt hat. Was sie aber explizit fordern, ist ein Hochschulqualitätspakt. Wir halten es für richtig, dass diese Debatte über die Qualität eingefordert wird, die es bisher in dieser Form nicht gegeben hat. (Monika Grütters (CDU/CSU): Die ganze Debatte von Frau Schavan steht unter diesem Leistungsgedanken!) Viele der Forderungen, die in dem Antrag genannt werden, finden wir richtig und werden von uns auch unterstützt. Das betrifft beispielsweise solche Punkte wie bessere Betreuungsrelationen, höhere Investitionen in den Hochschulbau oder den freien Zugang zum Masterstudiengang. In der Föderalismusdebatte haben wir dazu schon einiges gesagt. Was uns in dem Antrag fehlt, ist das, was im Titel steht, worauf aber fast gar nicht Bezug genommen wird. Im Zusammenhang mit der Qualitätsdebatte stellt sich die Frage: Wie sieht eine Qualitätsentwicklung inhaltlich aus? Dazu steht in dem Antrag relativ wenig. Ich will unsere Positionen einmal grundsätzlich nennen. Wir halten es nicht für sinnvoll, mittels Markt- und Wettbewerbmechanismen die Qualitätsentwicklung im Hochschulbereich voranzutreiben. Vielmehr setzen wir auf eine demokratische Steuerung. Ich habe in der vorherigen Debatte überhaupt nicht verstanden, warum die Forderung nach Einführung der Viertelparität ein Schritt in die falsche Richtung sein sollte, um eine Qualitätsentwicklung zu erreichen. (Monika Grütters (CDU/CSU): Das ist das Problem, dass Sie das nicht verstehen!) Aus unserer Sicht ist vollkommen klar, dass gerade das ein Schritt zu einer demokratischen Hochschule ist und deshalb dazu beiträgt, eine Qualitätsentwicklung in Gang zu setzen. (Beifall bei der LINKEN) Wenn man sich überlegt, welche Instrumente dazu taugen könnten, um zu einer Qualitätsentwicklung zu kommen, dann möchte ich ein Instrument herausgreifen, das gerade in der Debatte schon kurz angesprochen wurde und aus unserer Sicht gerade nicht dazu führen wird, dass Qualität entsteht. Ich beziehe mich jetzt weniger auf die Debatte zum Länderfinanzausgleich, sondern auf die Debatte zur Qualität der Hochschulen. Es geht um die Einführung von Studiengutscheinen. Studierende bekommen diese zwar laut Konzept zunächst einmal kostenlos zugeteilt und sollen sie dann verwenden, um sich dafür die entsprechenden Dienstleistungen zu kaufen. Erstens. Solche Gutscheine werden natürlich begrenzt sein. Von daher halte ich es von den Grünen für ziemlich doppelzüngig, sich auf der einen Seite klar gegen Studiengebühren auszusprechen, aber auf der anderen Seite die Einführung von Studiengutscheinen zu fordern. (Beifall bei der LINKEN) Zweitens das bezieht sich eher auf die Debatte zur Qualitätsentwicklung : Man muss sich die Frage stellen, wie sich ein Instrument wie die Studiengutscheine auf das Angebot der Hochschulen auswirken wird. Wenn die Studiengutscheine die Nachfrage abbilden sollen, dann ist doch klar, dass sich das Studienangebot an der Nachfrage ausrichtet. Wenn eben keine Nachfrage vorhanden ist oder die Nachfrage nicht groß genug ist, wird das Angebot vom Markt genommen. Uns würde interessieren, welchen Platz Studiengänge wie Altorientalistik oder Kunstgeschichte an der Hochschule haben. Aus unserer Sicht gehören sie aber zu einer qualitativen Entwicklung einer Hochschule unbedingt dazu. (Beifall bei der LINKEN Monika Grütters (CDU/CSU): Deshalb gibt es das Programm für die Geisteswissenschaften!) Ein Instrument, das in dem Antrag genannt wird, möchte ich noch gerne ansprechen. Es geht um die Akkreditierung. Hier steht nur sehr allgemein, dass das Akkreditierungssystem weiterentwickelt werden soll. Ich finde es wichtig, dass wir uns das derzeitige Akkreditierungssystem genau ansehen, weil es reichlich absurd ist. Der Akkreditierungsrat akkreditiert private Akkreditierungsinstitute. Diese akkreditieren dann an den Hochschulen gegen Geld die Studiengänge. Ein Beispiel, wie dadurch definitiv keine Qualität entsteht, konnte kürzlich an der Universität Leipzig erlebt werden. Weil Akkreditierung teuer ist, verständigte man sich darauf, eine so genannte Cluster-Akkreditierung durchzuführen. Das bedeutete, an drei Tagen 27 Studiengänge zu überprüfen. Wie so Qualität entstehen soll, ist uns vollkommen schleierhaft. (Beifall bei der LINKEN) Was wir uns wünschen, ist, dass gerade die Aspekte Instrumente der Qualitätsentwicklung und speziell Akkreditierungssysteme in der Ausschussdebatte aufgegriffen werden. Wenn der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen einen Beitrag leisten kann, um dazu einen Impuls zu geben, dann halten wir das für richtig und sinnvoll. Vielen Dank. (Beifall bei der LINKEN)
„Wir setzen auf eine demokratische Steuerung“
Rede
von
Nele Hirsch,